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Januar 2025

Die BILD titelt: "Machen die Krankentage unseren Wohlstand kaputt?"- Ein differenzierter Blick tut Not

Der Chef der Allianz fordert einen Karenztag. Danach sollen Beschäftigte den Lohnausfall für den ersten Tag einer Krankheit selbst tragen. Da die Arbeitgeber die Lohnfortzahlung ab dem ersten Arbeitstag zu tragen haben, haben sie schon häufiger gefordert, die Belastung für die Unternehmen durch die Ausfälle der Beschäftigten zu reduzieren. Diese lagen in 2023 insgesamt bei 76,7 Milliarden. Begleitet wird das Thema von den unsäglichen Hausbesuchen von Tesla Managern bei Kranken und der Debatte um die Teilzeiterkrankung.

Die Änderung der Rechtslage wäre einfach:
Der Gesetzgeber müsste lediglich in § 3 EFZG eine Ergänzung dahingehend einfügen, dass die Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers erst ab dem zweiten Tag der nachgewiesenen Arbeitsunfähigkeit des Beschäftigten beginnt.
Ein Blick zurück: Die aktuelle Regelung der Lohnfortzahlung für sechs Wochen gibt es erst seit den 90er-Jahren. Sie ist ein Erfolg der Gewerkschaften, die durch Streiks den Gesetzgeber schon im Jahr 1969 dazu brachten, den arbeitgeberseitigen Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gesetzlich zu regeln. Dieser lag zunächst bei 100 Prozent, wurde unter der Kohl-Regierung auf 80 Prozent abgesenkt und erst 1999 durch die damalige rot-grüne Bundesregierung zu 100 Prozent wieder im Gesetz vorgesehen.
UND? ist eine Änderung – aufgrund neuer Erkenntnisse – sinnvoll?

Denn

  • Wird nicht die Mutmaßung des „Blaumachens“ vorgeschoben, um die Axt an diese richtige und bewährte Lösung zu legen?
  • Ist durch das neue Melderecht – automat. Weiterleitung an die Krankenkasse – nicht erstmals die „richtige“ Zahl zutage getreten?
  • Ist die große Zahl Ergebnis neuer Krankheitsbilder (psychischer Art)?
  • Will die Allianz eine Privatversicherung auflegen;-)?
  • Womöglich schleppen sich Menschen krank zur Arbeit und stecken andere an.
  • Wie gut ist die betriebliche Prävention?
  • Ist es wirklich eine sinnvolle erzieherische Maßnahme, aufgrund derer die Blaumacher dieses dann nicht mehr tun?

Es könnte sich verschlimmern: Nämlich, dass “Blaumacher” sich nicht nur für einen Tag feiern, sondern gleich längere Zeit krankschreiben lassen.

Der Verweis auf die anderen Länder: Mag sein, dass diese weniger zahlen, aber das ist eher ein Beleg für deren schlechtere soziale Absicherung und ein Statistikvergleich mit der Menge der Krankheitstage ist aufgrund deren vielfältig anderer Rahmenbedingungen ein Hinkebein. Das Renteneintrittsalter in Frankreich liegt wesentlich niedriger. Und wer bei uns noch über 60 schafft, wird naturgemäß häufiger krank und kommt in die Entgeltfortzahlung. Der frz. Rentner trinkt da schon seinen Pastis.
Das deutsche Entgeltfortzahlungsrecht gilt aufgrund des hohen Beweiswertes des GELBEN SCHEINS als durchaus arbeitnehmerfreundlich. Dadurch enthält es aber zuweilen auch Schlupflöcher zugunsten derer, die nur „blaumachen“.
Jedes richtige, gute und wichtige System der sozialen Absicherung ermöglicht es aus der generösen Gestaltung heraus immer, dass sich Kollegen / Menschen unsolidarisch verhalten. Jeder kennt aus dem Berufsleben Kollegen, die verdächtig häufig mal nicht erscheinen. Wir müssen weg vom Systemangriff durch Generalverdacht und hin zu dem genauen Hinsehen auf bestimmte Fallgestaltungen.

Wichtig wäre es, genau wie die Möglichkeit des Verlangens einer Krankenbescheinigung bereits für den ersten Tag, die elektronische Meldung an sich auf den Prüfstand zu stellen. Der Arbeitgeber könnte die Berechtigung bekommen, in Ausnahmefällen einen Arztbesuch zu verlangen. Damit wäre ein Ausgleich möglich, zwischen der mit Recht erleichterten Meldung auf der einen und dem genaueren Blick auf besondere Fälle auf der anderen Seite. Die Solidargemeinschaft sollte ein Interesse daran haben, dass nicht einige Wenige eine gute Sache “kaputtnutzen“.

Und bereits jetzt kann der medizinische Dienst eingeschaltet werden, womit eine genauere Betrachtung von Ausnahmen nichts Systemfremdes ist.

Was sind schon 500 Kilometer? Jetzt stell dich nicht so an

LAG Köln | 6 Sa 579/23

Im vorliegenden Fall war der betroffene Arbeitnehmer im Einverständnis mit seinem Arbeitgeber circa 80 Prozent seiner Arbeitszeit aus dem Homeoffice heraus tätig. Der Arbeitsvertrag des Arbeitnehmers enthielt jedoch eine Klausel, wonach sich der Einsatzort projektabhängig auf ganz Deutschland erstrecken kann. Und dann kam, was kommen musste. Im Zuge der Schließung des Heimatstandort des Arbeitnehmers widerrief der Arbeitgeber die Homeoffice-Erlaubnis und versetzte den Arbeitnehmer an einen anderen Standort, etwa 500 Kilometer entfernt. Hilfsweise sprach der Arbeitgeber dann noch eine Änderungskündigung aus. Im März 2024 erhielt der Arbeitnehmer die Anweisung, dass er ab dem 1. Mai in einer neuen Stadt arbeiten müsse. Dies lehnte der Arbeitnehmer jedoch ab, da schon die Wohnungssuche in diesem Zeitraum praktisch nicht möglich gewesen sei. Zudem erhob der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage. Für diesen Fall ist zunächst wichtig, dass der Arbeitgeber gemäß § 106 der Gewerbeordnung Inhalt, Ort und Zeit der Arbeit nach billigem Ermessen näher bestimmen kann. Und genau das ist hier das Problem. Übt der Arbeitgeber sein Direktionsrecht aus, so muss er die Grenzen des billigen Ermessens beachten. Doch was ist das billige Ermessen? Unjuristisch gesagt handelt es sich hierbei um eine Art Interessenabwägung. Auf der einen Seite die Interessen des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu schicken und auf der anderen Seite die Interessen des Arbeitnehmers, eben an seinem Heimatort weiterzuarbeiten. Das billige Ermessen ist auch eine Zumutbarkeitsprüfung. Ist es dem Arbeitnehmer zumutbar innerhalb einer kurzen Zeit eine Distanz von 500 Kilometer zu überbrücken, um an einem neuen Arbeitsort zu arbeiten? Mit dieser Frage musste sich das LAG Köln befassen. Und das war hier der Auffassung, dass die Zumutbarkeitsprüfung zu Gunsten des Arbeitnehmers ausgehen muss. Der Arbeitnehmer war familiär, logistisch, im Freundeskreis und in der Kultur vor Ort verankert. Um eine Versetzung in ein 500 Kilometer entferntes Büro zu rechtfertigen, brauche es überwiegende sachliche Interessen auf Arbeitgeberseite, so das LAG Köln. Und bei seiner Prüfung kommt das LAG zu dem Ergebnis, dass die Versetzung des klagenden Arbeitnehmers infolge der Betriebsschließung grundsätzlich zwar aus einem dringenden betrieblichen Erfordernis heraus erfolge. Es gelte aber eben nicht für den damit verbundenen Widerruf der Homeoffice-Erlaubnis. Der Arbeitgeber habe hier schließlich keine sachbezogenen Interessen vorgebracht. Warum auch müssen wir uns hier die Frage stellen? Denn das Wesen des Homeoffice besteht ja letztendlich darin, Tätigkeiten zu erbringen, die eben nicht vor Ort am Betriebssitz erbracht werden müssen. Daher gab es für den Arbeitgeber keinen Grund das Homeoffice zu widerrufen.

Der Fußballtrainer als Arbeitnehmer

LAG Hamm | 14 Ta 252/24

Wer zu den Arbeitsgerichten will, der muss Arbeitnehmer sein. Doch wann bin ich eigentlich Arbeitnehmer? Einfach gesagt bin ich dann Arbeitnehmer, wenn ich eine weisungsgebundene Tätigkeit verrichte. Doch gilt dies auch für einen Fußballtrainer, insbesondere für einen Fußballtrainer der ersten Senioren Fußballmannschaft, also einer Amateurmannschaft. Im vorliegenden Fall besteht zwischen unserem Fußballtrainer und seinem Verein ein Übungsleitervertrag. In diesem Übungsleitervertrag muss unser Fußballtrainer einige Trainerstunden in der Woche geben und bekommt dafür eine Aufwandspauschale. Monatlich sind das laut Vertrag 300 Euro. Es kommt zum Streit zwischen Verein und dem Fußballtrainer über die Zahlung von Prämien und anderer Entgeltansprüche. Diesen Anspruch macht unser Fußballtrainer vor dem Arbeitsgericht geltend. Und genau hier liegt das Problem. Denn vor dem Arbeitsgericht können nur Arbeitnehmer oder eben Arbeitgeber klagen. Vorliegend muss also geklärt werden, ob unser Fußballtrainer der Seniorenmannschaft Arbeitnehmer ist. Und genau hier hatte bereits das Arbeitsgericht Paderborn ernsthafte Zweifel und verwies die Parteien darauf, den Rechtsstreit doch vor dem Amtsgericht Paderborn weiterzuführen. Unser Fußballtrainer hielt sich jedoch für einen Arbeitnehmer und blieb beharrlich beim Arbeitsgericht. In der zweiten Instanz musste sich nun das Landesarbeitsgericht Hamm mit der Frage befassen, ob unser Fußballtrainer und Übungsleiter Arbeitnehmer ist. Das LAG Hamm kam jedoch zu dem Ergebnis, dass unser Kläger weder Arbeitnehmer noch eine Arbeitnehmerähnliche Person ist. Wäre er eine arbeitnehmerähnliche Person, so wäre der Weg zu den Arbeitsgerichten eröffnet. Doch dies sah das LAG Hamm eben nicht so. Arbeitnehmerähnlich bin ich unter anderem dann, wenn ich wirtschaftlich von einer anderen Person abhängig bin. Und dies sah das Landesarbeitsgericht Hamm hier eben nicht so. Insbesondere deshalb, weil der Kläger aus seiner Trainertätigkeit lediglich Einkünfte in Höhe von 300 Euro monatlich erzielte. Aus diesem Grund wurde die Klage unseres Fußballtrainers wegen des falschen Rechtswegs vom LAG Hamm abgewiesen.

Betriebsratsanhörung bei einer Wartezeitkündigung

LAG Niedersachsen | 10 Sa 817/23

Die Wartezeit ist die Zeit von Beginn des Arbeitsverhältnisses bis zu dem, an dem die Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes greifen, also sechs Monate. Bei einer Kündigung muss der Betriebsrat angehört werden. Dies ergibt sich aus § 102 des Betriebsverfassungsgesetzes. Und dies gilt auch für Kündigungen innerhalb der Wartezeit. Der Betriebsrat muss hierbei über die Kündigungsgründe umfassend informiert werden. Doch wie weit reicht die Informationspflicht des Arbeitgebers? Im vorliegenden Fall ist die Klägerin der Auffassung, dass die Begründung der Kündigung in der Betriebsratsanhörung formelhaft gewesen sei und auch für eine Wartezeitkündigung nicht ausreichend ist. Konkret hätte die Arbeitgeberin erklären müssen, wann und wo und mit welchen Kollegen es zu Streitigkeiten gekommen sei, sowie wann, welche Gespräche zu dieser Thematik geführt worden sei. Diese Informationen hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat bei Anhörung zur Kündigung nach § 102 Betriebsverfassungsgesetz nicht mitgeteilt. Das LAG Niedersachsen musste sich also mit der Frage befassen, wie weit die Informationspflicht des Betriebsrats des Arbeitgebers an den Betriebsrat innerhalb der Wartezeit geht. Nach dem LAG Niedersachsen sei der Betriebsrat immer dann ordnungsgemäß angehört worden, wenn der Arbeitgeber ihm die Gründe mitgeteilt hat, die nach seiner subjektiven Sicht die Kündigung rechtfertigen und die für seinen Kündigungsentschluss maßgeblich sind. Diesen Kündigungsentschluss habe er regelmäßig unter Angabe von Tatsachen so zu beschreiben, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschung die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe prüfen könne. Vorliegend wurde der Betriebsrat darüber informiert, dass die Beklagte mehrere laute Streitereien unter Beteiligung der Klägerin zum Anlass für die Kündigung nehmen wollte, nachdem sie den Eindruck gewonnen hatte, dass hierzu mit ihr geführte Gespräche die Situation nicht verbessert hatten. Nach Auffassung des LAG Niedersachsen sei es unerheblich, an welchen Tagen und welchen Kollegen die Klägerin gestritten habe oder wann und mit wem hierzu Gespräche geführt worden seien. Aus diesem Grund war die Anhörung des Betriebsrats ausreichend und die Kündigungsschutzklage somit nicht erfolgreich.

Lohn nach der Elternzeit

LAG Baden-Württemberg | 21 Sa 17/24

Das LAG Baden-Württemberg hat einer Minijobberin im Bereich der Luftsicherheitskontrolle Recht gegeben. Sie hat nach ihrer Elternzeit Anspruch auf die für ihre Tätigkeit erforderliche Nachschulung und Lohnfortzahlung. Die Klägerin wollte nach ihrer Elternzeit ihre Tätigkeit als Luftsicherheitskontrollkraft wieder aufnehmen. Das Luftfahrt-Bundesamt untersagte jedoch mit Bescheid vom 31. Juli 2023 ihre Beschäftigung als Kontrollperson für Fracht und Post, bis sie eine Fortbildung zum Nachweis ihrer Kompetenz absolviert hatte. Die Mitarbeiterin bemühte sich bereits am 17. Juli 2023 telefonisch um die erforderlichen Schulungen. Die Arbeitgeberin lehnte dies jedoch ab mit der Begründung, dass aufgrund reduzierter Auftragsstunden keine neuen geringfügig Beschäftigten mehr am Standort Stuttgart eingesetzt werden können. Das Arbeitsverhältnis müsse daher bis auf weiteres ruhen. Das LAG stellte klar, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, qualifikationssichernde Maßnahmen zu gewährleisten. Die Kosten für Weiterbildungs- und Schulungsmaßnahmen muss der Arbeitgeber tragen. Die Schulungszeit gilt als Arbeitszeit und ist entsprechend zu vergüten. Der Vergütungsanspruch der Minijobberin in Höhe von monatlich 450 Euro brutto für den Zeitraum August bis Dezember 2023 bleibt dabei bestehen, obwohl sie aufgrund der fehlenden Schulung nicht arbeiten konnte. Ein Arbeitnehmer behält seinen Lohnanspruch, wenn der Arbeitgeber für die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung allein oder weit überwiegend verantwortlich ist. Die Arbeitgeberin konnte sich auch nicht darauf berufen, dass die Klägerin während der Schulungsverweigerung anderweitig Arbeit hätte suchen müssen. Das Gericht stellte klar, dass Minijobber als versicherungsfreie Beschäftigte nicht verpflichtet sind, sich bei der Agentur für Arbeit Arbeitssuche zu melden.

Überstundenzuschläge für Teilzeitbeschäftigte

BAG | 8 AZR 370/20

Das Bundesarbeitsgericht hat die Rechte von Teilzeitbeschäftigten bei der Vergütung von Überstunden gestärkt. Im vorliegenden Fall hatte eine Teilzeitbeschäftigte geklagt, deren tarifliche Regelung Überstundenzuschläge erst vorsah, wenn die Arbeitszeit einer Vollzeitkraft überschritten wurde. Das Bundesarbeitsgericht hat nunmehr entschieden, dass eine solche Regelung gegen das Diskriminierungsverbot aus § 4 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz verstößt, da sie Teilzeitbeschäftigte unzulässig benachteiligt. Das Bundesarbeitsgericht stellte klar, dass Teilzeitbeschäftigte einen Anspruch auf eine Überstundenvergütung haben, sobald ihre individuelle vertraglich vereinbarte Arbeitszeit überschritten wird, und zwar unabhängig davon, ob die Arbeitszeit einer Vollzeitkraft erreicht ist. Ausnahmen hiervon sind nur noch dann zulässig, wenn sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Zu beachten ist dabei auch, dass Überstunden nur dann vorliegen können, wenn es sich vom Arbeitgeber angeordnete zusätzliche Überstunden handelt, die, zumindest wenn es so geregelt ist, nicht innerhalb der im Tarifvertrag vorgesehenen Frist durch Freizeit ausgeglichen werden können.

Schadensersatz gegen einen Betriebsratsvorsitzenden wegen der Weitergabe von persönlichen Daten

Arbeitsgericht Bonn | 5 Ca 663/24

Im vorliegenden Fall verlangte ein ehemaliger Mitarbeiter von seinem ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO. In diesem Fall gibt es folgende Beteiligte: Den Kläger, ein ehemaliger Mitarbeiter, und seine Kollegin, die Personalabteilung und der Betriebsratsvorsitzende. Der Kläger unterhielt mit einer Mitarbeiterin über einen längeren Zeitraum eine von ihm als On-Off bezeichnete Beziehung. Zwischen diesen beiden kam es dann irgendwann zu Auseinandersetzungen. Beide tauschten diverse WhatsApp-Nachrichten aus. Die Mitarbeiterin übermittelte dann Auszüge aus diesen WhatsApp-Nachrichten dem beklagten Betriebsratsvorsitzenden. Der Betriebsratsvorsitzende leitete die Auszüge aus der WhatsApp-Nachricht an die Personalabteilung weiter. Der Kläger behauptete nun, dass der Beklagte intime, dem höchstpersönlichen Lebensbereich zugehörige Inhalte sowie eine dem WhatsApp-Chatverlauf beinhaltende Strafanzeige ohne Rücksprache mit ihm umgehend nach Erhalt und ohne Befassung des Betriebsrats, des Personalausschusses, des Betriebsausschusses oder von Betriebsratsmitgliedern an die Personalabteilung weitergeleitet habe. Dies führte im Ergebnis zur Freistellung des Klägers und dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages. Der Kläger verlangte daraufhin Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO. Einen solchen Schadensersatzanspruch konnte das Arbeitsgericht aber nicht erkennen. Interessant an diesem Fall ist, dass das Gericht davon ausgeht, dass der beklagte Betriebsratsvorsitzende bei der Weiterleitung der Daten an die Personalabteilung in seiner Funktion als Betriebsratsmitglied gemäß § 84 Absatz 1 Satz 2 Betriebsverfassungsgesetz gehandelt habe. Und damit ist er gemäß § 79a Satz 2 Betriebsverfassungsgesetz nicht persönlich gegen den Kläger für die Einhaltung des Datenschutzrechts haftbar. Nach § 79a Satz 2 Betriebsverfassungsgesetz ist der Arbeitgeber, der für die Verarbeitung Verantwortliche im Sinne der datenschutzrechtlichen Vorschriften, soweit der Betriebsrat zur Erfüllung der in seiner Zuständigkeit liegenden Aufgaben personenbezogene Daten weiterverarbeitet. Der Betriebsrat ist eben nicht eine eigene Stelle im Sinne der Datenschutzgrundverordnung. Der Kläger hätte hier seine Klage gegen den Arbeitgeber als Verantwortlichen im Sinne der Datenschutzgrundverordnung richten müssen. Aus diesem Grund blieb die Klage erfolglos.

Einsatz von Leiharbeitnehmern während eines Streiks

Arbeitsgericht Köln | 19 Ga 86/24

In diesem Fall musste sich das Arbeitsgericht Köln mit der Frage befassen, ob eine Gewerkschaft, die Unterlassung des Einsatzes von Leiharbeitnehmern in einem bestreikten Betrieb verlangen kann. Hierzu muss man zunächst wissen, dass gemäß § 11 Absatz 5 Satz 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz ein Entleiher einen Leiharbeitnehmer nicht tätig werden lassen darf, wenn sein Betrieb unmittelbar durch einen Arbeitskampf betroffen ist. Dies gilt aber nicht, wenn die Leiharbeitnehmer mit Tätigkeiten beschäftigt sind, die nicht von streikenden Arbeitnehmern verrichtet werden. Im vorliegenden Fall hatte eine Gewerkschaft, eine Verlagsgesellschaft im Eilverfahren auf Unterlassung des Einsatzes von Leiharbeitnehmern verklagt. Der Antrag war zeitlich auf die Arbeitskampfmaßnahmen vom 9.12.2024 bis zum Ablauf des 13.12.2024 beschränkt. Die beklagte Verlagsgesellschaft hatte jedoch im Verhandlungstermin am 13.12.2024 erklärt, dass man alle Leiharbeitnehmer für den Rest des Tages nach Hause geschickt habe. Das Arbeitsgericht Köln wies daraufhin die Klage der Gewerkschaft ab, da sie für ihren Antrag kein Rechtsschutzbedürfnis mehr hatte. Das Arbeitsgericht Köln wies jedoch darauf hin, dass die Gewerkschaft grundsätzlich einen Anspruch gehabt hätte, den Einsatz von Leiharbeitnehmern zu untersagen.

Good Night & Good Luck
Ihr, euer Dr. Stephan Grundmann
und Team Arbeitsrecht