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Januar 2023

Dummheit ist Arbeitgeberprivileg

Wer hat das nicht schon erlebt: „Einige sind fälschlicherweise gekündigt worden, bei anderen hat man entdeckt, dass man Erfahrung und Kenntnisse für die Arbeit noch dringend braucht“ – so hieß es kürzlich bei Twitter, wo Elon Musk gewütet hatte. Sorry, das ist unser täglich Brot bei Umstrukturierungen in Deutschland. Selten wird nach vorne geschaut. Denn mit schöner Regelmäßigkeit geht es um kurzfriste Ersparnis, die langfristig Geld kostet. Aber bis dahin ist der Entscheider meist schon eine Hierarchieebene höher im Konzern, links oder rechts zur Schwester im Konzern oder mit Geld ganz woanders….

Wie wird so schön gesagt: Da wird mit dem Hintern umgestoßen, was mit Händen aufgebaut wurde. Und da machen sich nach einer aktuellen Studie knapp 70% der Deutschen keine Gedanken um ihre berufliche Zukunft.

Also was denn nun? Generell keine Mitbestimmung oder ja, aber….?

LAG Niedersachsen | Beschl. v. 13.10.2022 | 3 TaBV 24/22

Jetzt sind wir verwirrt! Unterscheide: Keine Mitbestimmung = Da muss ich nicht mit Dir reden oder Mitbestimmung = Ich muss mit Dir reden. Der Ausgang bei dem „ich muss mit Dir reden“ hängt sodann davon ab, wer die besseren Argumente (aus Sicht des Entscheiders) hat.

Das LAG Schleswig sieht wohl keine Mitbestimmung, denn es führt aus:
Die Weisung des Arbeitgebers, jede Nutzung von Mobiltelefonen / Smartphones zu privaten Zwecken während der Arbeitszeit zu unterlassen, unterliegt auch dann nicht dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, wenn es im Betrieb (hier: Automobilbranche, Zulieferer) an einigen Arbeitsplätzen Warte- oder Leerlaufzeiten (hier: Zeiten für Maschinenumbau) geben kann.

Zweck der Weisung ist die Regelung eines Verhaltens der Arbeitnehmer, das während ihrer Arbeitszeit einer tatsächlichen Arbeitsleistung entgegenstehen würde. Der Blick auf das Telefon, dessen Entsperren und die weitere Beschäftigung damit, verhindern, dass die Beschäftigten ihrer Arbeit nachgehen.

Das ist doch Tullux!!! (sagen wir im Pott). Denn alles, was nicht Arbeit ist, verhindert / stört doch Arbeit: Radio, Rauchen, Surfen, Sprechen, Essen, das Photo der kleinen Anarchisten, Omi oder Katze zum Anschauen auf dem Tisch, der Fikus usw, usw. Damit wäre doch die Nummer 1 des § 87 Abs. 1 pers se tot. Nein, damit die Nummer 1 Sinn macht, kann es nur so ablaufen: Ordnungsfrage? Ja = Mitbestimmung an sich ist da, und inwieweit dann der Arbeitgeber diese Privatheit am Arbeitsplatz ertragen muss, ist Frage der Argumente. Das übersieht dann das LAG Schleswig.

Und deshalb:
Weil die Frage des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats bei dem Verbot der Nutzung von Smartphones während der Arbeitszeit umstritten ist, hat die 3. Kammer am LArbG Niedersachsen die Rechtsbeschwerde zum BAG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (geführt unter 1 ABR 24/22).

Zeit für einen juristisch moralischen Wutanfall, denn nach BAG kann Alter auch mal zum Nachteil gereichen

BAG 6 AZR 31/22

Bei einer betriebsbedingten Kündigung hat die Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers anhand der in § 1 Abs. 3 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz genannten Kriterien zu erfolgen (Alter / Betriebszugehörigkeit / Unterhaltspflichten / Schwerbehinderung). Insbesondere das Lebensalter spielt regelmäßig eine gewichtige Rolle. Grund ist, dass insbesondere ältere Arbeitnehmer weniger Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben eine neue Stelle zu finden. Dieser Aspekt soll bei der Sozialauswahl Berücksichtigung finden. Doch kann bei der Gewichtung das Lebensalter auch berücksichtigt werden, dass der Betroffene die Möglichkeit, hat vorzeitig eine Rente wegen Altersabschlag frei zu beziehen? Mit dieser Frage musste sich das Bundesarbeitsgericht beschäftigen. Im vorliegenden Fall erhob eine 1957 geborene Klägerin, die seit 1972 bei der Arbeitgeberin beschäftigt war, Kündigungsschutzklage, weil die Arbeitgeberin bei der Sozialauswahl die Rentennähe der Arbeitnehmerin berücksichtigt hatte. Die Kündigungsschutzklage der Arbeitnehmerin hatte in den ersten beiden Instanzen Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht sah die Sache jedoch anders. Bei dem abgeschlossenen Interessenausgleich durften die Betriebsparteien die Rentennähe der Klägerin bei der Sozialauswahl bezogen auf das Kriterium Lebensalter berücksichtigen. Sinn und Zweck der Sozialauswahl ist es, unter Berücksichtigung der im Gesetz genannten Auswahlkriterien gegenüber demjenigen Arbeitnehmer eine Kündigung zu erklären, der sozial am wenigsten schutzbedürftig ist. Das Auswahlkriterium Lebensalter ist dabei ambivalent. Zwar nimmt die soziale Schutzbedürftigkeit zunächst mit steigendem Lebensalter zu, weil lebensältere Arbeitnehmer nach wie vor typischerweise schlechtere Vermittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Sie fällt aber wieder ab, wenn der Arbeitnehmer entweder spätestens innerhalb von zwei Jahren nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses über ein Ersatzeinkommen in Form einer abschlagsfreien Rente wegen Alters – mit Ausnahme der Altersrente für Schwerbehinderte – verfügen kann oder über ein solches bereits verfügt, weil er eine abschlagsfreie Rente wegen Alters bezieht. Diese Umstände können der Arbeitgeber bzw. die Betriebsparteien bei dem Auswahlkriterium Lebensalter zum Nachteil des Arbeitnehmers berücksichtigen, so die Richter in Erfurt. Andere Auswahlkriterien, wie zum Beispiel Betriebszugehörigkeit oder Unterhaltspflichten, dürfen dabei aber nicht außer Acht gelassen werden. Da die Arbeitgeberin diese Auswahlkriterien aber außer Acht gelassen hatte, hatte die Klage vor dem Bundesarbeitsgericht nur teilweise Erfolg. Fest steht aber, dass die Rentennähe bei der Sozialauswahl berücksichtigt werden darf.

MOMENT: Was heißt das: „Keine soziale Schutzbedürftigkeit“?. Erstens sollte es dem Mitarbeiter unbenommen sein, den teils unfassbar schmalen Rentenanspruch durch Weiterarbeit zu erhöhen und zweitens: Wie fülle ich denn die nach Ansicht des BAG auszuhaltenden zwei Jahre bis zur Rente? Gängelung durch die Agentur und tatsächlich Verluste wegen geringerer Einzahlung bei der Rentenhöhe. Es kann nicht sein, dass pauschalierend unterstellt wird: Rente macht schon irgendwie glücklich. Das ist natürlich das Ergebnis persönlicher Wahrnehmung:

BAG Richter haben einen Monatsverdienst iHv 9.589,49 € pro Monat, die Vorsitzenden (R 8) erhalten 10.600,09 € und der Präsident (R 10) 13.801,08 €.

Zum Stichtag 1. Januar 2022 betrug der durchschnittliche Ruhegehaltssatz bei den Richterinnen und Richtern des unmittelbaren Bundesbereiches für den Bestand davon 68,0 Prozent. Das ist schon mal nicht so schlimm. Hinzu kommt:
Beim BAG gingen von 38 Richtern insgesamt 34 einer Nebentätigkeit nach. Und bei den Kollegen Richtern geht es nach Verrentung mitunter so richtig mit dem Verdienen los (Schulung, Vorträge, Einigungsstellen, Anwaltstätigkeit). Da besteht ein anderer Blickwinkel auf den Rentenstand als Glückseligkeit….

Auf die Verjährung musst du mich schon hinweisen

9 AZR 266/20

Urlaub verjährt nur, wenn die Unternehmen vorher ihre Beschäftigten darauf hingewiesen haben, dass ihnen Urlaub zusteht, der bei fehlender Inanspruchnahme verfällt. Fehlt es hieran, können auch noch Ansprüche aus früheren Jahren geltend gemacht werden. Auf die regelmäßige dreijährige Verjährung nach nationalem Recht dürfen sich Arbeitgeber in diesen Fällen nur berufen, wenn der Arbeitgeber konkret darauf hingewiesen hat.

Die klagende Arbeitnehmerin war als Steuerfachangestellte und Bilanzbuchhalterin in einer Kanzlei von November 1996 bis Ende Juli 2017 beschäftigt. Aufgrund des hohen Arbeitsanfalls konnte sie ihren Urlaub nie vollständig in Anspruch nehmen. Als die Arbeitnehmerin im Jahre 2017 aus dem Arbeitsverhältnis ausschied, machte sie noch die Abgeltung von 101 Urlaubstagen aus dem Jahr 2017 und den Vorjahren geltend. Während das Arbeitsgericht Solingen die Klage auf Abgeltung bis auf die Urlaubstage des Jahres 2017 abwies, gab das Landesarbeitsgericht Düsseldorf der Klägerin Recht und verurteilte den Arbeitgeber zur Abgeltung des geltend gemachten Urlaubs, sowohl für das Jahr 2017 als auch für die Vorjahre, hinsichtlich deren der Arbeitgeber sich auf die Einrede der Verjährung berufen hat. Der Arbeitgeber war mit diesem Ergebnis nicht zufrieden und rief das BAG an. Das BAG vertrat die Auffassung, dass dem Arbeitgeber eine hinweisende Aufklärungspflicht obliegt. Der Arbeitgeber muss auf den Urlaub und auf den drohenden Verfall hinweisen. Nur, wenn der Arbeitgeber dieses erfülle, könne Urlaub nach den Vorgaben des Bundesurlaubsgesetz binnen drei Jahren verfallen. Da der Arbeitgeber im vorliegenden Fall die Hinweispflichten nicht erfüllt hatte, schied ein Verfall des Urlaubs hiernach aus. 

Abmahnung für den Betriebsrat?

Hessisches LAG | 16 TaBv 52/21

Darf ich als Arbeitgeber den Betriebsrat abmahnen?

Vorliegend hatte der Betriebsrat ein in seinen Unterlagen vorhandenes, vom Arbeitgeber erstelltes, Word-Dokument „Jahresurlaubsplanung“ vom Urlaubsjahr 2019 auf 2020 abgeändert und einer gekündigten Mitarbeiterin ausgehändigt. Darauf reagierte der Arbeitgeber mit einer E-Mail an den Betriebsrat. In einem Schreiben an dem Betriebsrat vertrat die Arbeitgeberin die Auffassung, dass es indiskutabel sei, interne Firmenunterlagen zu verändern und diese ungeprüft, ungefiltert und ungefragt einfach weiterzugeben – in diesem Fall sogar an jemanden, dessen Arbeitsverhältnis strittig sei. Die Arbeitgeberin drohte abschließend noch mit der Einleitung arbeitsrechtlicher Schritte.

„Sollten wir zukünftig noch mal ein solches Verhalten oder ein ähnliches Verhalten seitens des Betriebsrats mitbekommen, werden wir vor arbeitsrechtlichen Schritten nicht zurückschrecken“.

Der Betriebsrat beantragte daraufhin vor dem Arbeitsgericht, dass der Arbeitgeber es zukünftig unterlassen solle, die Betriebsratsarbeit dadurch zu erschweren oder zu behindern, indem er dem Betriebsrat unter Androhung von arbeitsrechtlichen Schritten verbietet, das Formular „Jahresurlaubsplanung“ zu verändern oder anzupassen.

Der Antrag wurde in der ersten Instanz abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht sah die Rechtslage jedoch anders. Das hessische Landesarbeitsgericht vertrat die Auffassung, dass das Rechtsinstitut einer betriebsverfassungsrechtlichen Abmahnung nicht anzuerkennen ist. Die hessischen Richter prüften dazu die Regelung § 23 BetrVG, wonach der Ausschluss eines Mitglieds aus dem Betriebsrat nur wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten möglich ist. In dieser gesetzgeberischen Wertung komme zum Ausdruck, dass – gerade im Interesse einer vertrauensvollen Zusammenarbeit – weniger gravierende Pflichtverletzungen ohne Folgen bleiben sollen. Vor diesem Hintergrund sei eine betriebsverfassungsrechtliche Abmahnung weder vor der Einleitung eines Ausschlussverfahrens erforderlich noch rechtlich bedeutsam.

Festzuhalten ist somit, dass nach Ansicht der hessischen Richter, eine betriebsverfassungsrechtliche Amtspflichtverletzung und eine daher gehende Abmahnung unzulässig ist. Weiterhin ist der Begriff Behinderung im Sinne von § 78 Betriebsverfassungsgesetz so umfassend zu verstehen, dass er jede unzulässige Erschwerung, Störung oder gar Verhinderung der Betriebsratsarbeit umfasst. Ein Verschulden oder eine Behinderungsabsicht ist dabei nicht erforderlich.

Auch nach drei Jahren kann es wieder aufwärts gehen

Arbeitsgericht Aachen | 2 Ca 1346/22

Im vorliegenden Rechtsstreit musste sich das Arbeitsgericht Aachen mit der Frage befassen, ob eine krankheitsbedingte Kündigung nach dreijähriger Arbeitsunfähigkeit verhältnismäßig ist. Die Klägerin ist zum Zeitpunkt des Rechtsstreits 40 Jahre alt, ledig und hat zwei minderjährige Kinder. Sie arbeitete seit 2006 als Verkäuferin einer Drogerie. Im Mai 2019 erkrankte sie arbeitsunfähig für drei Jahre. Der Arbeitgeber lud die Klägerin in den Jahren 2019, 2020 und 2021 zu einem betrieblichen Eingliederungsmanagement sowie zu Mitarbeiter- bzw. Fürsorgegesprächen ein. Die Gespräche konnten durch die Klägerin nicht wahrgenommen werden oder coronabedingt nicht stattfinden. Im Februar 2022 forderte der Arbeitgeber die Klägerin auf, einen Termin beim Betriebsarzt zu machen. Ein Termin wurde vereinbart, die Klägerin sagte diesen aber aus gesundheitlichen Gründen ab. Einen Nachholtermin gab es nicht.

Nach Anhörung des Betriebsrats erfolgte im Oktober 2022 die krankheitsbedingte Kündigung. Im Rahmen der Kündigungsschutzklage kam das Arbeitsgericht Aachen zu dem Ergebnis, dass die Interessenabwägung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmerinnen hier zugunsten der Arbeitnehmerin ausfalle. Im Zeitpunkt der Kündigung Mitte Mai 2022 sei es für den Arbeitgeber nicht unzumutbar gewesen, das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin fortzusetzen. Eine krankheitsbedingte Kündigung ist unverhältnismäßig und damit rechtsunwirksam, wenn sie als Mittel nicht geeignet oder nicht erforderlich ist. Eine Kündigung ist nicht durch Krankheit oder andere Gründe in der Person bedingt, wenn es angemessene mildere Mittel zur Vermeidung oder Verringerung künftiger Fehlzeiten gibt. Der Arbeitgeber kann aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verpflichtet sein, dem Arbeitnehmer vor einer Kündigung die Chance zu bieten, Behandlungsmaßnahmen zu ergreifen, um dadurch die Wahrscheinlichkeit künftiger Fehlzeiten auszuschließen. Hierbei spielt das betriebliche Eingliederungsmanagement eine zentrale Rolle.

Das betriebliche Eingliederungsmanagement ist zwar keine formelle Voraussetzung für eine krankheitsbedingte Kündigung, mithilfe des betrieblichen Eingliederungsmanagement können aber mildere Mittel als die Beendigung des Arbeitsverhältnisses erkannt und entwickelt werden. Für den Rechtsstreit ist dabei zu berücksichtigen, dass im April 2022 die Deutsche Rentenversicherung der Klägerin eine Integrationsmaßnahme Teamwork als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben bewilligte. Diese findet von Juli 2022 bis Juni 2023 statt. Der Arbeitgeber hätte also abwarten müssen, ob die ab Juli 2022 bewilligte Maßnahme zur Reintegration und Überwindung der Arbeitsunfähigkeit erfolgreich endet oder nicht. Denn bei erfolgreichem Abschluss der Integrationsmaßnahme wäre die lang andauernde Arbeitsunfähigkeit überwunden gewesen, ohne das Arbeitsverhältnis kündigen zu müssen. Eine Kündigung, bevor die Maßnahme durchgeführt und abgeschlossen wird, war nach Auffassung der Aachener Richter nicht erforderlich und unverhältnismäßig. Dabei spielt es auch keine Rolle, dass die Maßnahme der Rentenversicherung ein Jahr dauert. Auch konnte der Arbeitgeber nicht so ohne weiteres davon ausgehen, dass das betriebliche Eingliederungsmanagement erfolglos verlaufen würde.

Freizeitvergnügen oder (auch) Kündigungsgrund: Mitgliedschaft bei den Hammerskins (https://de.wikipedia.org/wiki/Hammerskins)

LAG Hamm | 17 AZR 139/22

Das LAG musste über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses eines Angestellten der Stadt Bochum entscheiden, welcher Mitglied in der international agierenden Vereinigung Hammerskins war. Die Vereinigung wird als konspirative und rassistische, nach ihrem Gedankengut teils neonazistische Kaderorganisation mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung beschrieben und vom Verfassungsschutz beobachtet. Zu seiner Mitgliedschaft äußerte sich der Angestellte, der als technischer Sachbearbeiter im Bereich Park- und Grünanlagen eingesetzt war und dessen Arbeitsverhältnis insoweit störungsfrei verlief, im Prozess nicht.

Das LAG Hamm musste sich also mit der Frage beschäftigen, ob die Mitgliedschaft in einer solchen Vereinigung als Kündigungsgrund herangezogen werden kann. Dies verneinte das Landesarbeitsgericht Hamm. Die Hammer Richter stellten fest, dass eine bloße Mitgliedschaft des Angestellten bei den Hammerskins mit Blick auf seine konkreten Arbeitsaufgaben und mangels entsprechender Äußerungen keine Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis hatten. Auch sei die als weiterer Kündigungsgrund bemühte Drucksituation anderer Mitarbeiter nach Grad und Ausprägung im Einzelfall nicht geeignet eine Kündigung auszusprechen. Allerdings stellte das LAG im Prozess fest, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für die Beklagte dennoch unzumutbar sei. Der Arbeitnehmer hatte der Stadt im Kontext von der Kündigung vorausgehenden Gesprächen über die Möglichkeit einer einvernehmlichen Vertragsauflösung wiederholt vorgeworfen, mit den dort angedachten Vorschlägen über zeitlich befristete Ausgleichszahlungen einen Betrug zulasten anderer öffentlicher Kassen angeregt zu haben. Diese Aussagen erfolgten sachlich zu Unrecht und ohne erkennbaren Bezug zu einer zulässigen Verteidigung gegen die Kündigungen, so die Hammer Richter. Eine dem Beschäftigungszweck dienliche Zusammenarbeit sei danach nicht mehr zu erwarten. Die Kündigung hatte demnach keinen Erfolg, gleichwohl aber der Auflösungsantrag der Stadt Bochum.

Zu früh gefreut: doch keine Freisprüche im Prozess um die Vergütung von Betriebsräten der Volkswagen AG

BGH 6 StR 133/22

An dieser Stelle mal kein BAG, sondern BGH. Denn es geht um STRAFRECHT.

Der Bundesgerichtshof hat ein Urteil des Landgerichts Braunschweig vom September 2021 aufgehoben, mit dem vier frühere Manager der Volkswagen AG vom Vorwurf der Untreue freigesprochen worden waren.

Das Landgericht hat die Angeklagten, zwei frühere Vorstände für den Bereich Personal und zwei frühere Personalleiter der Volkswagen AG, vom Vorwurf der Untreue freigesprochen. Gegenstand des Urteils war die Gewährung von Arbeitsentgelten (Monatsentgelte und freiwillige Bonuszahlungen) an freigestellte Betriebsräte in den Jahren 2011 bis 2016, die die Zahlungen an die betriebsverfassungsrechtlich zutreffenden Vergleichsgruppen erheblich überstiegen. Hierdurch entstand der Volkswagen AG ein Schaden von mehr als 4,5 Millionen Euro. Nach Ansicht des Landgerichts haben die Angeklagten durch die Umstufung der Betriebsräte in deutlich höhere, dem „Managementkreis“ vorbehaltene Entgeltgruppen und die Gewährung freiwilliger Bonuszahlungen von jährlich 80.000 Euro bis 560.000 Euro je Betriebsrat den objektiven Tatbestand einer Untreue erfüllt. Ihnen habe aber der erforderliche Vorsatz gefehlt, weil sie sich auf die Einschätzungen interner und externer Berater verlassen beziehungsweise ein bestehendes Vergütungssystem vorgefunden und irrtümlich angenommen hätten, mit ihren jeweiligen bewilligenden Entscheidungen keine Pflichten zu verletzen.

Der Bundesgerichtshof hat die Freisprüche aufgehoben. Zwar sei das Landgericht im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass der objektive Tatbestand einer Untreue nach § 266 Abs. 1 Strafgesetzbuch erfüllt sein könne, wenn ein Vorstand oder Prokurist einer Aktiengesellschaft unter Verstoß gegen das betriebsverfassungsrechtliche Begünstigungsverbot einem Mitglied des Betriebsrats ein überhöhtes Arbeitsentgelt gewähre. Die vom Landgericht hierzu getroffenen Urteilsfeststellungen genügen aber nicht den gesetzlichen Darstellungsanforderungen. Der Senat vermag daher nicht zu beurteilen, ob die Bewilligung der monatlichen Entgelte und Bonuszahlungen den betriebsverfassungsrechtlichen Grundsätzen widerspricht und ob das Landgericht sodann auf zutreffender Grundlage einen Vorsatz der Angeklagten verneint habe.
So sei dem Urteil insbesondere nicht zu entnehmen, nach welchem System die Vergütung von Angestellten der Volkswagen AG generell geregelt war, welche Kriterien für die Einordnung in „Kostenstellen“ und „Entgeltgruppen“ galten, nach welchen Regeln ein Aufstieg in höhere „Entgeltgruppen“ sowie in die verschiedenen „Managementkreise“ vorgesehen war und welche Maßstäbe den Entscheidungen über die Gewährung von Bonuszahlungen sowie über deren Höhe zugrunde lagen. Darüber hinaus weist auch die Beweiswürdigung des Landgerichts zum Vorsatz der Angeklagten einen Rechtsfehler auf. Sie ist lückenhaft, weil das Landgericht insoweit allein die Einordnung der Betriebsratsmitglieder in bestimmte Entgeltstufen in den Blick genommen, jedoch die ihnen über ihre Grundgehälter hinaus gewährten Bonuszahlungen – die teilweise die Grundgehälter erheblich überstiegen – außer Betracht gelassen hat.

Autsch…. Also Kinder, kanns noch was geben.

So schlimm wird´s nicht – der Peter Hartz hat ja für die Bezahlung des Escort-Services und die sonstigen Extras an den BR auch nur Bewährung bekommen.

Good Night & Good Luck
Ihr, euer Dr. Stephan Grundmann
und Team Arbeitsrecht