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Mai 2025

Der Drahtesel als Benefit

Ende 2019 gab es 0,4 Millionen geleaste Fahrräder, Ende 2024 waren es bereits über 2,1 Millionen.
Für Arbeitgeber bietet sich mit diesem Angebot eine Möglichkeit, Mitarbeiter zu locken, ohne große Summen ausgeben zu müssen. Es gibt jedoch ein paar arbeitsrechtliche Aspekte, die beachtet werden sollten.

Bezugspunkt in den Vertragsbeziehungen ist zunächst der Leasing-Rahmenvertrag zwischen Arbeitgeber und einem Leasinganbieter. Über das konkrete Fahrrad schließen Arbeitgeber und Leasinganbieter einen separaten Einzel-Leasingvertrag zu Leasingdauer und Höhe der monatlichen Leasingrate. Zudem kommt es regelmäßig zu einem Nutzungsüberlassungsvertrag mit dem Mitarbeiter hinsichtlich der Finanzierung, der Rechte und Pflichten sowie dem Umgang mit Störfällen.

Für die Finanzierung kommen zwei Modelle in Betracht:
Die vollständige Finanzierung des Leasings durch den Arbeitgeber. Dieser kommt für die monatlichen Leasingraten auf und gewährt seinem Mitarbeiter das Dienstfahrrad zusätzlich zu seinem regulären Gehalt. Dann kann der Mitarbeiter das Dienstfahrrad nach § 3 Nr. 37 Einkommensteuergesetz (EstG) bis derzeit 31. Dezember 2030 steuerfrei nutzen. Der Arbeitgeber spart bei diesem Modell die Lohnnebenkosten und kann die Leasing- und Versicherungsraten sowie Inspektions- und Wartungskosten als Betriebsausgaben absetzen.

In der Praxis die Gehaltsumwandlung verbreiteter. Der Mitarbeiter finanziert das Leasing über sogenannte Entgeltumwandlung und verzichtet für die Dauer des Leasings auf einen Teil seines Bruttolohns in Höhe der monatlichen Leasingrate. Für diese Variante gilt zwar keine Steuerbefreiung, allerdings ist auch dieses Modell steuerbegünstigt: Auf die Leasingraten fallen keine Lohnsteuer und Sozialabgaben an. Infolge des Einbehalts der Leasingrate von dem Bruttolohn sinkt zudem das zu versteuernde Einkommen des Mitarbeiters. Als Ausgleich für die Gehaltsumwandlung in einen Sachbezug muss der Mitarbeiter jedoch den geldwerten Vorteil für die Privatnutzung versteuern. Dies sind für Fahrräder, die seit dem 1. Januar 2020 bis derzeit 31. Dezember 2025 geleast werden, aber nur 0,25 Prozent des Bruttolistenpreises.

Besonders zu regeln sind die Sonderfälle, auch gerne als Störfälle bezeichnet, wie etwa, dass der Mitarbeiter vorzeitig ausscheidet, (langfristig) erkrankt oder Elternzeit nimmt. Viele Leasinganbieter bieten einen „Arbeitgeber-Schutz“ und die Rücknahme des Dienstfahrrads in bestimmten Störfällen an. Allerdings sind oftmals nicht alle Störfälle abgesichert, sodass für Arbeitgeber das Restrisiko besteht, auf einem Dienstfahrrad und den monatlichen Leasingraten sitzen zu bleiben.

Daher stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber den Mitarbeiter dazu verpflichten kann, den Leasingvertrag samt Zahlung der restlichen Raten zu übernehmen oder ob dies eine unangemessene Benachteiligung des Mitarbeiters darstellt. Für den Fall der Kündigung ist dies für das Dienstfahrrad-Leasings gerichtlich noch nicht entschieden. Die Rechtsprechung zum Dienstwagen kann helfen:
Lt. BAG stellt es jedenfalls dann eine unangemessene Benachteiligung dar, wenn der Dienstwagen zurückgegeben wird und der Arbeitgeber die Zahlung der restlichen Leasingraten als Einmalbetrag fordert (BAG, Urt. v. 09.09.2003, Az. 9 AZR 574/02). Derartiges sollte also für ein Dienstfahrrad nicht vereinbart werden. Eine Übernahme des Rades durch den Arbeitnehmer gegen Zahlung der verbleibenden Raten ist jedoch denkbar. In jedem Fall muss die Klausel transparent gestaltet werden und keinen unzulässigen Bleibedruck auf den Mitarbeiter ausüben.

Auch bei ruhenden Arbeitsverhältnissen, etwa während längerer Erkrankungen oder Elternzeit, stellt sich die Frage, wer die Leasingraten übernimmt. Die Rechtsprechung ist nicht einheitlich: Das Arbeitsgericht Osnabrück sah in der Abwälzung der Leasingraten auf den Mitarbeiter eine intransparente Regelung und unangemessene Benachteiligung – Az. 3 Ca 229/19. Anders entschied es das ArbG Aachen: Es sah in der Pflicht zur Erstattung der Leasingraten durch den Mitarbeiter weder eine überraschende Klausel noch eine unangemessene Benachteiligung, die Kosten hatte also der Mitarbeiter zu übernehmen – Az. 8 Ca 2199/22.

Bieten Arbeitgeber ein Dienstfahrrad-Leasing an, müssen diese den Gleichbehandlungsgrundsatz beachten. Daher müssen Arbeitgeber den Kreis der anspruchsberechtigten Mitarbeiter anhand sachgerechter Kriterien regeln.
Sofern ein Betriebsrat besteht, muss die Mitbestimmung beachtet werden. Zwar kann der Betriebsrat die Einführung eines „Rad-Programms“ weder einfordern noch erzwingen, jedoch steht dem Betriebsrat ein zwingendes Mitbestimmungsrecht, insbesondere nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 10 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).

Pauschale Verschwiegenheitsklauseln sind unwirksam

Bundesarbeitsgericht | Urteil vom 17.10.2024 | Az. 8 AZR 172/2

Mit diesem Urteil hat das Bundesarbeitsgericht klargestellt, dass pauschale Verschwiegenheitsklauseln in Arbeitsverträgen rechtlich unzulässig sind, wenn sie Arbeitnehmer uneingeschränkt und unbegrenzt zur Geheimhaltung verpflichten. Die Richter bewerteten eine solche Regelung als unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Dem Fall lag ein Streit zwischen einem ehemaligen Mitarbeiter und seinem früheren Arbeitgeber zugrunde. Der Mitarbeiter war wegen der angeblichen Weitergabe vertraulicher technischer Informationen verklagt worden. Der Arbeitsvertrag enthielt eine sehr weit gefasste Verschwiegenheitsverpflichtung, die weder zeitlich noch inhaltlich konkretisiert war. Das BAG entschied, dass eine solche Klausel nicht den Anforderungen des Gesetzes genügt, da sie dem Arbeitnehmer keinerlei Klarheit darüber gibt, welche Informationen tatsächlich als geheim zu behandeln sind und wie lange die Pflicht besteht.

Zudem betonte das Gericht, dass der Schutz von Geschäftsgeheimnissen heute durch das Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG) geregelt ist. Dieses verlangt, dass Unternehmen konkrete Schutzmaßnahmen ergreifen – eine pauschale Verschwiegenheitsformulierung im Vertrag genügt dafür nicht. Wird die Klausel so allgemein gehalten, dass sie im Ergebnis einer nachvertraglichen Wettbewerbsbeschränkung gleichkommt, so wären zusätzlich die strengen Voraussetzungen der §§ 74 ff. HGB zu beachten, insbesondere die Verpflichtung zur Zahlung einer Karenzentschädigung.

Kein Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats bei Verwendung nicht mitbestimmter Interviewbögen

Bundesarbeitsgericht | Beschluss vom 24.09.2024 | Az. 1 ABR 31/23

Gegen die Verwendung von Interviewbögen, Beurteilungsgrundsätzen oder Auswahlrichtlinien, denen der Betriebsrat nicht zuvor zugestimmt hat, besteht kein Zustimmungsverweigerungsgrund im Sinne von § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG bei einer beabsichtigten Versetzung dar.

Im konkreten Fall hatte ein Arbeitgeber die Stelle eines Koordinators Elektrotechnik intern ausgeschrieben. Vier Mitarbeiter bewarben sich, und die Auswahl erfolgte anhand von Interviewbögen, die ohne vorherige Zustimmung des Betriebsrats verwendet wurden. Der Betriebsrat verweigerte daraufhin die Zustimmung zur Versetzung des ausgewählten Mitarbeiters, da er die Verwendung der nicht abgestimmten Interviewbögen als Verstoß gegen Mitbestimmungsrechte ansah.

Das BAG stellte jedoch klar, dass die Verwendung solcher Instrumente ohne vorherige Zustimmung des Betriebsrats keinen eigenständigen Verweigerungsgrund darstellt. Entscheidend sei, ob die personelle Maßnahme selbst gegen ein Gesetz, einen Tarifvertrag oder eine sonstige Norm verstößt. Allein die fehlende Mitbestimmung bei der Erstellung von Interviewbögen begründet keinen solchen Verstoß. Sehe ich zwar anders, aber was soll´s. Jedenfalls liegt ein Verstoß gegen die Mitbestimmung gem. § 95 BetrVG vor, den der Betriebsrat ahnden kann.

Ein Unternehmen nutzt Echtdaten, um eine neue Software zu testen – und übermittelt dabei deutlich mehr Informationen als vereinbart

BAG | Urt. v. 08.05.2025 | Az. 8 AZR 209/21

Ein Unternehmen darf die Grenzen einer Betriebsvereinbarung bei der Weitergabe personenbezogener Daten seiner Mitarbeiter nicht überschreiten. Das BAG hat entschieden: Wer ohne ausreichende Rechtsgrundlage sensible Daten mit einer anderen Gesellschaft auch innerhalb des Konzerns teilt, kann schadenersatzpflichtig werden.

Im Jahr 2017 plante ein Unternehmen, das cloudbasierte Personalverwaltungssystem „Workday“ konzernweit einzuführen. Um die Software vor der offiziellen Einführung zu testen, sollten Echtdaten der Mitarbeiter verwendet werden – ein übliches Vorgehen in der IT- und Personalwirtschaft. Zu diesem Zweck schloss das Unternehmen eine Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat, die es dem Arbeitgeber ermöglichte, bestimmte personenbezogene Daten der Mitarbeiter an die Software zu übermitteln. Zu den erlaubten Daten gehörten Name, Eintrittsdatum, Arbeitsort sowie geschäftliche Kontaktdaten.

Doch während des Testbetriebs wurden mehr Daten übermittelt, als die Betriebsvereinbarung es gestattete. Der betroffene Arbeitnehmer entdeckte, dass auch sensible Informationen wie Gehaltsdaten, private Wohnanschriften und Steuer-IDs an die Konzernmuttergesellschaft weitergegeben wurden. Der Arbeitnehmer, der mit dieser Übertragung nicht einverstanden war, forderte Schadenersatz nach Art. 82 Abs. 1 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg wies die Klage ab (Urt. v. 25.02.2021, Az. 17 Sa 37/20), das BAG setze das Revisionsverfahren aus und legte dem EuGH einige Fragen zur Auslegung des Unionsrechts vor.

EuGH: Betriebsvereinbarung muss DSGVO-konform sein
Der EuGH stellte daraufhin klar, dass Regelungen zur Datenverarbeitung in Betriebsvereinbarungen stets den Vorgaben der DSGVO entsprechen müssen (Urt. v. 19.12.2024, Az. C-65/23). Dabei geht es insbesondere um die Grundsätze der „Zweckbindung“ und „Speicherbegrenzung“, die eine Verarbeitung nur im Rahmen des ursprünglich festgelegten Zwecks und für einen begrenzten Zeitraum erlauben. Doch das Gericht ging noch weiter: Eine Betriebsvereinbarung dürfe nur solche Datenverarbeitungen regeln, die auch nach den datenschutzrechtlichen Vorgaben – insbesondere nach Art. 6 und 9 DSGVO – gesetzlich zulässig sind.

Für die Praxis bedeutet dies, dass Betriebsparteien nicht ohne Weiteres eine Datenverarbeitung per Betriebsvereinbarung regeln können, wenn diese nicht den strengen Anforderungen der DSGVO entspricht. Betriebsvereinbarungen müssen der gerichtlichen Kontrolle standhalten. Der EuGH betonte, dass sie hinsichtlich der Verarbeitung von Beschäftigtendaten vollständig der datenschutzrechtlichen Kontrolle unterliegen.

BAG: Schadenersatz für Kontrollverlust
Das BAG folgte der Rechtsprechung des EuGH und sprach dem Kläger Schadenersatz zu. Die Beklagte habe mehr personenbezogene Daten an die Konzernobergesellschaft übermittelt, als es die Betriebsvereinbarung zuließ. Diese Übertragung sei nicht erforderlich gewesen im Sinne von Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO (Rechtmäßigkeit der Verarbeitung aufgrund berechtigter Interessen) und habe somit gegen die DSGVO verstoßen, so das BAG.

Bisher liegt lediglich die Pressemitteilung des BAG vor. Danach liegt der immaterielle Schaden des Klägers in dem Kontrollverlust über die personenbezogenen Daten, der durch die unzulässige Datenweitergabe an die Konzernobergesellschaft verursacht worden sei. Dieser Kontrollverlust sei ein immaterieller Schaden und gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO zu ersetzen. Da in diesem Fall tatsächlich ein Kontrollverlust vorlag, dürfte diese Entscheidung auf der Linie früherer Entscheidungen des BAG liegen.
Das BAG bestätigte zudem, dass Betriebsvereinbarungen als Grundlage für eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten gelten können, dies aber nur im Rahmen der getroffenen Vereinbarungen.

Keine Gleichbehandlungspflicht bei Gehaltserhöhungen und Inflationsausgleichsprämien für Vorruheständler

Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat in einer Pressemitteilung mitgeteilt, dass Vorruheständler keinen Anspruch auf Gehaltserhöhungen oder Inflationsausgleichsprämien haben, die den aktiven Mitarbeitern gewährt werden. Im Streit zwischen mehreren Vorruheständlern und der Firma SAP über die Zahlung solcher Leistungen im Rahmen der Gehaltsrunde 2023 stellte das Gericht klar, dass die unterschiedlichen Behandlungen rechtlich nicht zu beanstanden seien.

Das LAG argumentierte, dass die Gehaltserhöhungen und Prämien als Entlohnung für zukünftige Arbeitsleistungen gedacht sind. Da Vorruheständler ihre Arbeitsleistung bereits eingestellt haben, besteht kein Anspruch auf diese zusätzlichen Zahlungen. Die Besonderheiten des bei SAP bestehenden Vorruhestandsmodells rechtfertigen somit die unterschiedliche Behandlung gegenüber aktiven Mitarbeitern.

Abmahnung eines ver.di-Betriebsgruppenmitglieds der Freien Universität Berlin

Arbeitsgerichts Berlin | Urteil vom 5. Dezember 2024 | Az. 58 Ca 4568/24

Ein Arbeitnehmer hatte Ende Januar 2024 als Vorstandsmitglied der ver.di-Betriebsgruppe auf deren Internetseite zu einem Aktionstag gegen die AfD aufgerufen und dabei der Universität vorgeworfen, tarifwidrig, mitbestimmungsfeindlich und antidemokratisch zu handeln sowie den Rechtsruck und den Aufstieg der AfD zu fördern. Die Universität betrachtete diese Äußerungen als ehrverletzend und erteilte Anfang März 2024 eine Abmahnung wegen Verletzung der arbeitsvertraglichen Treue- und Loyalitätspflichten. Hiergegen wehrte sich der Arbeitnehmer vor Gericht.

Das Gericht wies die Klage des Arbeitnehmers auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte aber ab. Es stellte fest, dass ein hinreichender Bezug des Aufrufs zum Arbeitsverhältnis besteht und der Arbeitnehmer seine Nebenpflicht zur Rücksichtnahme verletzt hat. Obwohl die Äußerungen als Meinungsäußerung einzustufen sind, überschreiten sie nach Anlass, Kontext und Zweck die Grenze zulässiger polemischer oder überspitzter Kritik und stellen eine nicht durch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckte Schmähkritik dar. Für die erhobenen Vorwürfe fehlten Anhaltspunkte in der Realität, etwa sei die Fremdvergabe von Reinigungsarbeiten im öffentlichen Dienst üblich.

Das Gericht sah die Äußerungen auch nicht durch die in Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz garantierte Koalitionsfreiheit gedeckt. Die Werbung zur Teilnahme an dem Aktionstag sowie Äußerungen zur Bundesregierung waren nicht Gegenstand der Abmahnung; lediglich die Schmähkritik gegenüber der Universität wurde abgemahnt und fällt nicht unter den Schutzbereich der Koalitionsfreiheit.

Mit Straßenverkehr ist das so ne Sache im Pott - Anwältin verspätet sich – Wiedereinsetzung abgelehnt

Anwaltsgerichtshof NRW | Beschluss vom 05.09.2024 | Az. 2 AGH 01/24

Der Anwaltsgerichtshof (AGH) Nordrhein-Westfalen hat entschieden, dass eine Rechtsanwältin keinen Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat, wenn sie einen Gerichtstermin aufgrund eigener Versäumnisse verpasst. Im konkreten Fall hatte die Anwältin einen Termin um 13:00 Uhr in Hamm und verließ ihre Kanzlei, die 75 Kilometer entfernt lag, erst um 11:45 Uhr. Was echt sportlich ist und eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 60 km/h voraussetzt. Im Ruhrgebiet schlicht unmöglich. Sie hatte zudem weder ihren Anwaltsausweis noch ein funktionierendes Mobiltelefon dabei und verirrte sich obendrein noch im Gerichtsgebäude. Ohne Ausweis musste sie durch die Eingangskontrolle, was ebenfalls nochmal Zeit kostete. Dann irrte sie offenbar noch planlos durch das Gerichtsgebäude und kam erst um 13.45 Uhr im Gerichtssaal an. Deutlich zu spät.

Der AGH bewertete diese Umstände als unzureichende Anreiseplanung und sah das Versäumen des Termins als selbstverschuldet an. Die Anwältin hätte mehr Zeit für die Anfahrt einplanen und das Gericht über ihre Verspätung informieren müssen. Das Fehlen des Anwaltsausweises und des Mobiltelefons sowie das Verirren im Gerichtsgebäude wurden ihr zusätzlich negativ angerechnet.

Zehn Minuten vor der Zeit ist des Anwalts Pünktlichkeit.

Detektivüberwachung bei Krankmeldung: Datenschutzrechtliche Grenzen und Schadenersatz

Bundesarbeitsgericht | Urteil vom 25.07.2024 | Az. 8 AZR 225/23

Die Überwachung eines krankgeschriebenen Arbeitnehmers durch eine Detektei kann einen Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) darstellen, wenn die Maßnahme nicht durch hinreichende Verdachtsmomente gerechtfertigt ist.

Im vorliegenden Fall hatte ein Arbeitgeber einen Außendienstmitarbeiter, der sich arbeitsunfähig gemeldet hatte, durch eine Detektei observieren lassen. Die Detektive dokumentierten unter anderem, wie der Mitarbeiter schwere Gegenstände trug und handwerkliche Tätigkeiten verrichtete. Der Arbeitnehmer sah darin eine Verletzung seiner Datenschutzrechte und klagte auf immateriellen Schadenersatz gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO.

Das BAG bestätigte die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf, das dem Kläger einen Schadenersatz in Höhe von 1.500 Euro zugesprochen hatte. Das Gericht stellte fest, dass die Überwachung durch die Detektei eine Verarbeitung von Gesundheitsdaten im Sinne der DSGVO darstellt und nur unter strengen Voraussetzungen zulässig ist. Insbesondere muss der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert sein und es dürfen keine milderen Mittel zur Verfügung stehen, um den Verdacht zu überprüfen. Im vorliegenden Fall sah das BAG diese Voraussetzungen als nicht erfüllt an.

Verspätete Zielvorgabe führt zu Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers

Bundesarbeitsgericht | Urteil vom 19. Februar 2025 | Az. 10 AZR 57/24

Ein Arbeitgeber macht sich schadensersatzpflichtig, wenn er einem Arbeitnehmer die für eine variable Vergütung maßgeblichen Ziele verspätet oder gar nicht vorgibt. Im konkreten Fall hatte ein Arbeitnehmer mit Führungsverantwortung Anspruch auf eine variable Vergütung, deren Höhe sich zu 70 % aus Unternehmenszielen und zu 30 % aus individuellen Zielen zusammensetzte. Laut Betriebsvereinbarung sollten diese Ziele bis zum 1. März des jeweiligen Jahres festgelegt werden. Für das Jahr 2019 teilte der Arbeitgeber die Unternehmensziele jedoch erst im Oktober mit; individuelle Ziele wurden dem Arbeitnehmer überhaupt nicht vorgegeben. Der Arbeitnehmer erhielt eine variable Vergütung von rund 15.500 Euro und machte darüber hinaus einen Schadensersatzanspruch in Höhe von etwa 16.000 Euro geltend.

Das BAG bestätigte die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln und sprach dem Arbeitnehmer den geforderten Schadensersatz zu. Die verspätete bzw. unterlassene Zielvorgabe habe ihre Motivations- und Anreizfunktion nicht mehr erfüllen können, weshalb eine nachträgliche gerichtliche Leistungsbestimmung nicht in Betracht komme. Der Arbeitgeber habe seine Verpflichtung zur rechtzeitigen Zielvorgabe schuldhaft verletzt. Ein Mitverschulden des Arbeitnehmers sei nicht anzunehmen, da die Initiativlast für die Zielvorgabe allein beim Arbeitgeber liege.

Kryptowährung als Arbeitslohn

Bundesarbeitsgericht | Urteil vom 16. April 2025 | Az. 10 AZR 80/24

Kryptowährungen wie Ether (ETH) können unter bestimmten Bedingungen als Teil des Arbeitsentgelts vereinbart werden. Im vorliegenden Fall hatte eine Arbeitnehmerin mit ihrem Arbeitgeber vereinbart, Provisionen in ETH zu erhalten. Das BAG stellte klar, dass solche Vereinbarungen als Sachbezüge gemäß § 107 Abs. 2 GewO zulässig sind, sofern sie im Interesse des Arbeitnehmers liegen.

Allerdings betonte das Gericht, dass der unpfändbare Teil des Arbeitsentgelts stets in Euro ausgezahlt werden muss, um den Lebensunterhalt des Arbeitnehmers zu sichern. Die Auszahlung in Kryptowährung darf daher nur den pfändbaren Teil des Entgelts betreffen. Da das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg bei der Berechnung der Pfändungsfreigrenzen Fehler gemacht hatte, wurde der Fall zur erneuten Verhandlung dorthin zurückverwiesen.

Good Night & Good Luck
Ihr, euer Dr. Stephan Grundmann
und Team Arbeitsrecht