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März 2025

Trampolinverbot??? Und Ihr denkt, Ihr habt Probleme;-)?

In dem zugrunde liegenden Fall erhoben die Eigentümer eines Grundstücks im Jahr 2022 vor dem Landgericht Potsdam Klage auf Unterlassung gegen die Eigentümer des benachbarten Grundstücks. Unter anderem ging es dabei um die Nutzung eines Trampolins durch die Nachbarn. Die Kläger störten sich daran, dass bei der Nutzung des Trampolins über den Zaun geschaut werden konnte. Sie beanspruchten daher die Entfernung des Trampolins. Hilfsweise wollten die Kläger die Verlegung des Trampolins oder ein Verbot der Nutzung erreichen. Das Landgericht wies die Klage ab. Dagegen richtete sich die Berufung der Kläger.

Das Oberlandesgericht Brandenburg entschied zum Teil zu Gunsten der Kläger. Ihnen stehe nach § 1004 BGB in Verbindung mit § 27 Abs. 1 Satz 2 BbgNRG ein Anspruch auf Versetzung des Trampolins zu. Indem das Tarmpolin den Zaun um einen Meter überragt, habe es Einfluss auf die Ästhetik im Bereich der Grundstücksgrenze und stelle damit eine im Sinne des § 27 BbgNRG störende Anlage dar. Maßgeblich sei dabei die Gesamthöhe des Trampolins, also einschließlich des Netzes. Der zu berechnende Mindestabstand richte sich daher nach der Gesamthöhe des Trampolins einschließlich Netz und müsse um so viel über 0,50 m betragen, wie seine Höhe das Maß von 1,50 m übersteigt. Bei einer Höhe von 2,80 m haben die Beklagten demnach einen Grenzabstand von mindestens 1,80 m einzuhalten.

Dagegen stehe den Klägern nach Auffassung des Oberlandesgerichts kein Anspruch auf Entfernung des Trampolins oder hilfsweise auf Unterlassung der Benutzung oder von Sprüngen, die über 1,80 m Höhe hinausgehen, zu. Sie können nicht verlangen, dass die Beklagten es unterlassen, bei der Nutzung des Trampolins über den Zaun zu schauen. Die Nutzung eines Trampolins sei sozialadäquat und sei nicht darauf gerichtet, gezielt die Privatsphäre der Kläger zu stören. Zudem sei wegen des Versetzungsanspruchs die Möglichkeit einer Einsicht deutlich reduziert. Für eine gezielte Störung der klägerischen Privatsphäre sei nichts ersichtlich.

Schadensersatz bei verspäteter Zielvorgabe

Bundesarbeitsgericht | Urteil vom 19.02.2025 | Az.: 10 AZR 57/24

Im vorliegenden Fall war der Kläger, also der Arbeitnehmer, bis zum 30. November 2019 in leitender Position bei der Beklagten Arbeitgeberin tätig. Laut Arbeitsvertrag hatte er Anspruch auf eine variable Vergütung, deren Höhe von der Erreichung festgelegter Ziele abhing. Eine Betriebsvereinbarung sah vor, dass die Zielvorgaben jährlich bis zum 1. März mit einem Anteil von 70 % an Unternehmenszielen und 30 % an individuellen Zielen festgelegt werden müssen.

Dennoch informierte die Beklagte die Führungskräfte erst am 26. September 2019 über einen angenommenen Zielerreichungsgrad von 142 % für individuelle Ziele. Konkrete Unternehmensziele wurden dem Kläger erst am 15. Oktober 2019 mitgeteilt. Eine explizite Festlegung individueller Ziele unterblieb.

Für das Jahr 2019 erhielt der Kläger eine variable Vergütung in Höhe von 15.586,55 Euro brutto, forderte jedoch zusätzliche 16.035,94 Euro brutto als Schadensersatz. Er argumentierte, dass er bei rechtzeitiger Zielvorgabe die Unternehmensziele vollständig und die individuellen Ziele entsprechend dem Durchschnitt erreicht hätte.

Nach Auffassung des BAG steht dem Kläger ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 16.035,94 Euro brutto gemäß § 280 Abs. 1, Abs. 3 BGB in Verbindung mit § 283 Satz 1 BGB zu.

Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Beklagte ihre vertragliche Pflicht verletzt habe, indem sie die Unternehmensziele erst nach Ablauf von drei Vierteln der Zielperiode verbindlich vorgab und individuelle Ziele gänzlich ausließ. Zu diesem Zeitpunkt konnte die Zielvorgabe ihre motivierende Wirkung nicht mehr entfalten. Die Höhe des Schadens wurde auf Grundlage der zugesagten variablen Vergütung geschätzt, wobei das Gericht annahm, dass der Kläger die Ziele bei rechtzeitiger Vorgabe erreicht hätte.

Auflösungsantrag wegen des Vorwurfs einer strafrechtlichen Handlung

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern | Urteil vom 15.10.2024 | Az.: 2 SLa 96/24

Eine langjährig in einem Betrieb mit mehr als zehn Arbeitnehmern tätige Pflegedienstleiterin erhielt im Januar 2023 jeweils zweimal eine außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen. Der Hauptvorwurf lautete, dass die Pflegedienstleiterin Pflegekräfte an kostenpflichtigen Online-Fortbildungsveranstaltungen teilnehmen ließ, ohne sie dort zu melden und für sie zu zahlen. Vielmehr fertigte sie unter Verwendung des Originalzertifikats des Anbieters „Teilnahmezertifikate“ für die – faktisch kostenfrei teilnehmenden – Pflegekräfte an, die sie sodann mit dem Vermerk „Onlineseminar“ und unter Verwendung ihres eigenen Stempels abzeichnete und zum internen Gebrauch aufbewahrte. Die gegen die Kündigungen geführte Klage hatte vor dem Arbeitsgericht Erfolg. Nach Übersendung der Urteilsgründe kündigte der Arbeitgeber erneut, diesmal aber wegen des Vorwurfs eines angeblichen Prozessbetrugs der Pflegedienstleiterin im ersten Verfahren. Die Kündigung erklärte er, da die Zweiwochenfrist des § 626 Abs.2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für eine fristlose Kündigung schon abgelaufen war, als ordentliche Änderungskündigung, wobei er der Pflegedienstleiterin anbot, künftig als Pflegekraft zu arbeiten. Die Pflegedienstleiterin nahm das Änderungsangebot nicht an und erhob erneut erfolgreich Kündigungsschutzklage. Insbesondere gab es auch dem Auflösungsantrag der Pflegedienstleiterin gemäß § 9 Abs.1 Satz 1 KSchG statt. Ein solcher Anspruch kommt immer dann in Betracht, wenn ein gedeihliches Miteinander der Parteien nicht mehr möglich ist. Dann wird das Arbeitsverhältnis auf Antrag einer der Parteien durch Urteil des Gerichts beendet. Vorliegend hatte der Arbeitgeber drei verhaltensbedingte Kündigungen mit dem Vorwurf erhoben, die Pflegedienstleiterin sei eine Straftäterin, sie habe Betrug und Urkundenfälschung begangen und im Vorprozess falsch vorgetragen. Dabei lag eine strafrechtliche Verurteilung aber nicht vor. Damit hatte der Arbeitgeber die Grenzen einer berechtigten Interessenwahrnehmung in Kündigungsschutzprozess überschritten. Und was bringt so ein Auflösungsantrag? Geld, denn das ist der einzige Fall im Gesetz, bei dem es zu einer Abfindungszahlung kommt. § 10 KSchG regelt:

  1. Als Abfindung ist ein Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen.
  2. Hat der Arbeitnehmer das fünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens fünfzehn Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu fünfzehn Monatsverdiensten, hat der Arbeitnehmer das fünfundfünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens zwanzig Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu achtzehn Monatsverdiensten festzusetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer in dem Zeitpunkt, den das Gericht nach § 9 Abs. 2 für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses festsetzt, das in der Vorschrift des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch über die Regelaltersrente bezeichnete Lebensalter erreicht hat.
  3. Als Monatsverdienst gilt, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet (§ 9 Abs. 2), an Geld und Sachbezügen zusteht.

Also: Schlauer Move der Klägerin.

Ich brauche mehr Mitglieder, gib mir die E-Mails

Bundesarbeitsgericht | Urteil vom 28.01.2025 | Az.: 1 AZR 33/24

Die Gewerkschaft IG BCE verlangte von einem Sportartikelhersteller während des coronabedingten Shutdowns 2021 – die meisten der insgesamt etwa 5.400 Beschäftigten waren im Homeoffice – die Herausgabe der betrieblichen E-Mail-Adressen der Mitarbeitenden und ein sog. digitales Zugangsrecht zum Betrieb. Alternativ käme auch ein virtueller Zentralverteiler oder ein fester Platz im Firmen-Intranet in Frage. Dies allerdings lehnte der Sportartikelhersteller unter Hinweis auf den Datenschutz ab.

Die Gewerkschaft berief sich dagegen auf ihr aus dem betriebsverfassungsrechtlich gewährleisteten Zugangsrecht zum Betrieb § 2 Abs. 2 BetrVG sowie aus dem gewerkschaftlichen Betätigungsrecht des Art. 9 Abs. 3 GG. Das Zugangsrecht nach § 2 Abs. 2 BetrVG, so die Gewerkschaft, erfasse nicht nur den physischen Zutritt zum Betrieb, sondern auch den digitalen Zugang.
Auch stünden die Datenschutzgrundverordnung und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Mitarbeiter dem nicht entgegen, da es sich um dienstliche E-Mail-Adressen handle, die von der Beklagten selbst eingerichtet wurden.
Dies sah das Bundesarbeitsgericht aber nicht so.

Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistet einer Gewerkschaft zwar grundsätzlich die Befugnis, betriebliche E-Mail-Adressen der Arbeitnehmer zu Werbezwecken und für deren Information zu nutzen. Allerdings haben die Gerichte – mangels Tätigwerdens des Gesetzgebers – bei der Ausgestaltung der Koalitionsbetätigungsfreiheit auch die mit einem solchen Begehren konfligierenden Grundrechte des Arbeitgebers aus Art. 14 und Art. 12 Abs. 1 GG sowie die ebenfalls berührten Grundrechte der Arbeitnehmer aus Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG bzw. Art. 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union in den Blick zu nehmen, so das Bundesarbeitsgericht. Und diese Interessensabwägung führte dazu, dass der Antrag der Gewerkschaft erfolglos blieb.

Ist für unternehmensübergreifende Personalfragebögen der Konzernbetriebsrat zuständig?

Landesarbeitsgericht Köln | Beschluss vom 28.01.2025 | Az.: 9 TaBV 89/24

Das Landesarbeitsgericht Köln hat die Beschwerde des Gesamtbetriebsrats gegen eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Bonn zurückgewiesen. Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob der Gesamtbetriebsrat bei der Einführung eines Fragebogens zur Ermittlung von Interessenkonflikten im Rahmen von Compliance-Maßnahmen ein Mitbestimmungsrecht nach § 94 Abs. 1 BetrVG hat.

Die Arbeitgeberin, ein Unternehmen eines internationalen Konzerns, führte auf Basis konzernweiter Vorgaben einen Fragebogen zur Ermittlung von Interessenkonflikten ein. Dies erfolgte ohne Beteiligung des Gesamtbetriebsrats. Der Gesamtbetriebsrat sah hierin eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme und forderte die Einsetzung einer Einigungsstelle zur Regelung der Nutzung und des Inhalts des Fragebogens. Die Arbeitgeberin hingegen argumentierte, dass die Zuständigkeit beim Konzernbetriebsrat liege, da die Regelung konzernweit einheitlich erfolgen müsse.

Das LAG Köln bestätigte die Entscheidung des Arbeitsgerichts Bonn und verneinte ein Mitbestimmungsrecht des Gesamtbetriebsrats:
Eine Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG bzgl. der Fragebogen liegt nicht vor, da diese nicht das Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer betrifft, sondern der Einhaltung konzernweiter Compliance-Vorgaben dient.
Soweit sich die Einführung und Nutzung des Fragebogens als Personalfragebogen iSd. § 94 Abs. 1 BetrVG darstellen sollte, fiele die Thematik offenkundig nicht in die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats, sondern wäre mit dem Konzernbetriebsrat zu regeln.

Der Konzernbetriebsrat ist deshalb zuständig, da der Fragebogen auf konzernweiter Ebene einheitlich vorgegeben wurde und mehrere Unternehmen betrifft. Aus diesem Grund ist eine unternehmensübergreifende Regelung erforderlich. Nach § 58 Abs. 1 BetrVG ist damit der Konzernbetriebsrat zuständig.

Zudem kann ein Gesamtbetriebsrat die Einführung eines Fragebogens lediglich vorschlagen, jedoch nicht erzwingen. Das Initiativrecht zur Einführung und Nutzung eines solchen Fragebogens liegt beim Arbeitgeber, so das LAG Köln.

Du hast dich nicht ernsthaft beworben

Annahmeverzugslohn - Landesarbeitsgericht Köln | Urteil vom 07.01.2025 | Az.: 7 SLa 78/24

Der Kläger war als Berufskraftfahrer bei der Beklagten tätig. Nach einer krankheitsbedingten Abwesenheit kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht. Das Arbeitsgericht Köln stellte fest, dass die Kündigung unwirksam war, sodass ein Anspruch auf Annahmeverzugslohn entstehen konnte.

Doch die Beklagte verlangte vom Kläger Nachweise über seine Bewerbungsbemühungen. Der Kläger legte sodann eine Liste vor, in der zahlreiche Bewerbungen ohne Antwort oder mit Ablehnungen wegen Nichtinteresse an Fernverkehrsstellen dokumentiert waren. Die Beklagte war der Auffassung, dass es sich hierbei um Scheinbewerbungen handele, da der Kläger bewusst Stellen auswählte, die nicht seinen tatsächlichen Interessen entsprachen, um weiter Annahmeverzugslohn beanspruchen zu können.
Dies sah das LAG Köln ebenfalls so und entschied zugunsten der Beklagten und stellte klar, dass ein Arbeitnehmer sich ernsthaft um eine neue Anstellung bemühen muss, um seinen Anspruch auf Annahmeverzugslohn aufrechtzuerhalten. Dabei gelten laut dem LAG folgende Grundsätze:

  • Wer sich nur formal bewirbt, aber erkennbar nicht an einer Einstellung interessiert ist, verstößt gegen die Schadensminderungspflicht (§ 11 Nr. 2 KSchG).
  • Der Arbeitgeber kann unter diesen Umständen eine Auskunftspflicht über den Inhalt der Bewerbungen geltend machen.

Da der Kläger keine ernsthaften Bemühungen nachweisen konnte, wurde sein Anspruch auf Annahmeverzugslohn abgelehnt.
Fieser Arbeitgebertrick….

Unwirksame Rückzahlungsklausel in Fortbildungsvereinbarung

Landesarbeitsgericht Hamm | Urteil vom 15.11.2024 | Az.: 1 SLa 733/24

Das Landesarbeitsgericht Hamm hat die Klage eines Arbeitgebers auf Rückzahlung von Fortbildungskosten in Höhe von 5.000 Euro zurückgewiesen. Streitig ist eine Fortbildungsvereinbarung aus dem Jahr 2017, in der sich ein Arbeitnehmer zur Rückzahlung der vom Arbeitgeber übernommenen Kosten verpflichtete, falls er das Unternehmen nach Abschluss der Fortbildung verlassen sollte.
Die strittige Klausel sah vor, dass der Arbeitnehmer die Fortbildungskosten zurückzahlen müsse, wenn er nach Beendigung der Fortbildung kündigt oder das Unternehmen aus Gründen verlässt, die der Arbeitgeber nicht zu vertreten hat. Das Gericht stufte diese Regelung als Allgemeine Geschäftsbedingung ein und erklärte sie wegen unangemessener Benachteiligung des Arbeitnehmers für unwirksam. Hauptkritikpunkt war, dass die Klausel nicht ausreichend nach dem Grund für eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses differenzierte.

Nach der Kündigung des Arbeitnehmers im März 2023 kam es zu einem Gespräch zwischen den Parteien. Der Arbeitgeber behauptete, man habe sich auf eine reduzierte Rückzahlung von 5.000 Euro geeinigt. Das LAG Hamm sah in dieser vermeintlichen Einigung jedoch keinen wirksamen Vergleich. Die Parteien seien fälschlicherweise von einer bestehenden Zahlungsverpflichtung ausgegangen. Da diese Annahme aufgrund der unwirksamen Rückzahlungsklausel nicht der Wirklichkeit entsprach, erklärte das LAG Hamm auch die nachträgliche Vereinbarung für unwirksam.

Du hast die Stelle nicht ausgeschrieben – Diskriminierung einmal andersherum

Landesarbeitsgericht Düsseldorf | Urteil vom 17.09.2024 | Az.: 3 SLa 223/24

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat die Berufung eines Klägers gegen ein Urteil des Arbeitsgerichts Essen zurückgewiesen. Der Kläger sah sich aufgrund seines Geschlechts benachteiligt, da er bei der Besetzung von Führungspositionen im Unternehmen nicht berücksichtigt worden war und forderte eine Entschädigung. Das LAG Düsseldorf wies die Klage jedoch auch ab.

Der 1975 geborene Kläger war seit 2013 bei der beklagten Firma beschäftigt, zuletzt als Senior Manager im Bereich Steuern. Sein Arbeitsverhältnis endete Ende 2023 durch seine Eigenkündigung. Im Herbst 2022 führte die neue Bereichsleiterin Gespräche mit den Mitarbeitern, darunter auch mit dem Kläger, um deren Entwicklungsperspektiven zu besprechen. Der Kläger äußerte dabei jedoch nicht explizit den Wunsch nach einer Führungsposition als Abteilungsleiter.

Anfang 2023 wurde dem Kläger die Leitung eines Projekts angeboten. Dieses Angebot lehnte er jedoch hauptsächlich wegen des veränderten Arbeitsortes ab, da diese Stelle für ihn mit einem Umzug verbunden gewesen wäre. Kurze Zeit später, im April 2023, wurden im Bereich Steuern vier Abteilungsleitungsfunktionen neu besetzt. Drei dieser Positionen wurden mit Frauen besetzt, eine mit einem Mann.

Der Streit besteht darin, dass die Beklagte die drei mit Frauen besetzten Stellen, nicht intern ausgeschrieben hatte. Der Kläger argumentierte, dass ihm dadurch die Chance genommen wurde, sich für diese Positionen zu bewerben und er somit aufgrund seines Geschlechts benachteiligt wurde. Er vermutete, dass die fehlende Ausschreibung gezielt erfolgte, um Männer von der Bewerbung auszuschließen und Frauen zu bevorzugen.

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf teilte die Auffassung des Klägers aber nicht. Das Gericht bestätigte das Urteil der Vorinstanz und wies die Berufung des Klägers zurück. Nach Ansicht des Gerichts konnte der Kläger nicht ausreichend darlegen und beweisen, dass er aufgrund seines Geschlechts benachteiligt wurde. Es fehlte an stichhaltigen Beweisen dafür, dass die Beklagte gezielt Männer bei der Besetzung der Führungspositionen diskriminierte.

Das Gericht argumentierte, dass selbst wenn man eine Benachteiligung des Klägers durch die fehlende Stellenausschreibung annehmen würde, kein direkter Zusammenhang zu seinem Geschlecht bestehe. Es sei nicht bewiesen, dass die Beklagte die Stellen bewusst nicht ausgeschrieben habe, um gezielt Frauen zu fördern und Männer auszuschließen. Die Auswahl der Kandidaten erfolgte nach anderen Kriterien, die nicht geschlechtsspezifisch waren, so das LAG Düsseldorf.

Grober Verstoß gegen betriebsverfassungsrechtliche Pflichten – Betriebsrat während Busfahrt von AG bedrängt

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein | Beschluss vom 27.08.2024 | Az.: 2 TaBV 6/24

Es stellt einen groben Verstoß nach § 23 Abs. 3 BetrVG gegen das Prinzip der vertrauensvollen Zusammenarbeit nach § 2 Abs. 1 BetrVG dar, wenn die Arbeitgeberseite den Betriebsratsvorsitzenden während seines Dienstes als Busfahrer unerwartet aufsucht und ihn in Anwesenheit von Fahrgästen und unter der Verpflichtung einen Fahrplan einzuhalten zu einer Unterschrift unter die Dienstpläne anhält.

Der antragstellende Betriebsrat begehrt von der Arbeitgeberin Unterlassung mitbestimmungswidrigen Verhaltens bei der Arbeitszeiteinteilung.

Die Beschäftigten werden für ihre Dienste in Schichten eingeteilt. Gemäß der im Betrieb geltenden Betriebsvereinbarung müssen Dienstpläne dem Betriebsrat mindestens drei Wochen vorher zur Genehmigung vorgelegt werden. Die Lage und Dauer der Arbeitszeiten können etwa infolge krankheitsbedingter Ausfälle kurzfristigen Änderungen unterliegen.
Am 11.07.2023 übersandte die Arbeitgeberin einen vorläufigen Dienstplan für die Kalenderwoche 29 und am 12.07.2023 einen vorläufigen Dienstplan für die Kalenderwochen 30 nebst zwei unterschiedlichen vorläufigen Dienstplänen für die Kalenderwoche 31 an den Betriebsrat. Mit E-Mail vom 12.07.2023 lehnte der Betriebsrat die Zustimmung zu diesen vorläufigen Dienstplänen mit der Begründung ab, dass vorläufige Dienstpläne nicht genehmigungsfähig seien.

Am 14.07.2023 fuhr der Betriebsratsvorsitzende auf der ihm an diesem Tag zugewiesenen Linie. An einer Haltestelle bestiegen die Geschäftsführerin und der Geschäftsführer der Arbeitgeberin den Bus. Hierbei ist der Ablauf des Geschehens streitig, insbesondere, ob die Geschäftsführerin und der Geschäftsführer den Betriebsratsvorsitzenden an der Weiterfahrt hinderten und bedrängten, sodass dieser die Dienstpläne unter Druck mit i.O. unterschrieb. Ein Betriebsratsbeschluss hierzu lag nicht vor. Die im Bus befindlichen Fahrgäste haben von dem Gespräch Kenntnis erlangt. Eine Mitfahrerin überreichte im Anschluss dem Betriebsratsvorsitzenden ihren Personalausweis, um als Zeugin aussagen zu können.

Der Betriebsrat verlangte nunmehr vor Gericht von der Arbeitgeberin, es zu unterlassen, Arbeitszeiten für die bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer durch die Übersendung von Dienstplänen anzuordnen und Arbeitnehmer entsprechend zu beschäftigen, ohne dass die Zustimmung des Antragstellers hierzu vorliegt oder ein Spruch der Einigungsstelle die Zustimmung ersetzt.
Bei dem Verhalten der Arbeitgeberin handelt es sich um eine grobe Pflichtverletzung, so das LAG. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob der vorgelegte Dienstplan vorläufig oder unvollständig war. Das Verhalten der Geschäftsführung zielte darauf ab, vom Vorsitzenden des Betriebsrates eine Unterschrift unter die Dienstpläne zu erhalten. Dabei verkennt die Arbeitgeberin völlig, dass es sich bei dem Betriebsrat um ein Gremium handelt. Mit dem Verhalten der Geschäftsführung ist dem Vorsitzenden jede Möglichkeit genommen worden, im Gremium einen wirksamen Beschluss über die Dienstpläne einzuholen. Aufgrund der entstandenen Situation war der Betriebsratsvorsitzende auch nicht in der Lage, die ihm vorgelegten Dienstpläne zu prüfen. Die Arbeitgeberin kann sich auch nicht darauf berufen, dass in der Vergangenheit die Unterschrift immer durch den Betriebsratsvorsitzenden erfolgt sei und sie nicht hätte wissen können, ob das Gremium die vorgelegten Pläne geprüft habe. Die bloße Unterschrift des Betriebsratsvorsitzenden unter die Dienstpläne führe nicht zu einer wirksamen Genehmigung. Diese Unwirksamkeit muss sich die Arbeitgeberin auch zurechnen lassen, da sie diese erzeugt hat.

Zu Recht hat schon das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass das Verlangen einer Unterschrift unter bisher nicht durch den Betriebsrat genehmige Dienstpläne während der Arbeitszeit bei gleichzeitiger Ausübung von Druck durch das Blockieren der Weiterfahrt des Busses ein massiver Verstoß gegen die Pflicht der Geschäftsführung zur vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat nach § 2 Abs. 1 BetrVG darstellt. Dies gilt auch dann, wenn man das nunmehr bestrittene Verhalten des Blockierens der Weiterfahrt des Busses weglässt.

Good Night & Good Luck
Ihr, euer Dr. Stephan Grundmann
und Team Arbeitsrecht