Zweimal im Jahr ein betriebliches Eingliederungsmanagement???!, YES
Kann es sein, dass ich als Arbeitnehmer zweimal im Jahr ein betriebliches Eingliederungsmanagement mitmachen muss? Mit dieser Frage musste sich das Bundesarbeitsgericht befassen. Im Februar 2020 wurde ein Arbeitnehmer aufgrund erheblicher Krankheitsausfälle ordentlich gekündigt. Der Arbeitnehmer war im Jahr 2017 an 40 Arbeitstagen, im Jahr 2018 an 61 Arbeitstagen und im Jahr 2019 an 103 Arbeitstagen arbeitsunfähig erkrankt. Gegen die ordentliche Kündigung erhob der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht. Er vertrat hier die Auffassung, dass vor seiner Kündigung ein BEM-Verfahren hätte durchgeführt werden müssen. Die Arbeitgeberin vertrat dagegen die Auffassung, dass sie bereits im März 2019 ein BEM durchgeführt habe und insofern ein weiteres betriebliches Eingliederungsmanagement nicht erforderlich gewesen sei. Die Vorinstanzen gaben der Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers statt. Die Kündigung sei unverhältnismäßig und damit unwirksam. Die Arbeitgeberin habe nicht darlegen können, dass keine zumutbare Möglichkeit bestanden habe, die Kündigung durch mildere Maßnahmen wie etwa durch ein erneutes BEM zu vermeiden. Und eben gegen diese Entscheidung richtete sich die Revision der Arbeitgeberin. Das Bundesarbeitsgericht bestätigte die Rechtsauffassung der Vorinstanzen. Ist ein Arbeitnehmer mehrfach im Jahr für länger als sechs Wochen erkrankt, dann muss in einem Jahr auch mehrfach ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt werden. Laut Bundesarbeitsgericht spielt es dabei keine Rolle, ob nach dem durchgeführten BEM noch kein Jahr vergangen ist. Das betriebliche Eingliederungsmanagement habe kein Mindesthaltbarkeitsdatum von einem Jahr. Dabei ist nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts zu beachten, dass sich die Krankheitsursachen, die betrieblichen Umstände und die einschlägigen Heilverfahren geändert haben können. Ob das der Fall ist und ob sich daraus ein neuer Ansatz für Maßnahmen zur Vorbeugung vor weiteren Zeiten von Arbeitsunfähigkeit ergibt, könne grundsätzlich nur in einem neuen BEM geklärt werden. Von einem erneuten BEM kann nur dann abgesehen werden, wenn der Arbeitgeber darlegt und nachweisen kann, dass auch ein neuerliches BEM schon deshalb kein positives Ergebnis erbracht hätte, weil bereits das vorherige keines ergeben hat und keine relevanten Veränderungen gegenüber dem für den Suchprozess des vorherigen BEM maßgeblichen Stand der Dinge eingetreten sind.