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Februar 2023

Handelsblattstudie: 76% der Arbeitgeber sehen die Mitarbeitenden außerhalb der Büros - Die sich nach 18.00 sowieso

Deutsche Bank 40%, Siemens um rund 20 Prozent verringert. Auch die Deutsche Telekom plant „mittelfristig mit deutlich weniger Büroflächen“, SAP mit „etwas weniger“, BMW sieht Chancen dafür. Bayer rechnet damit, seine Belegungskosten um zehn bis 20 Prozent zu reduzieren.

14 der 40 Dax-Konzerne, darunter Covestro, Symrise oder Vonovia wollen ihre Flächen zunächst nicht abbauen. „Die verstärkte Nutzung von hybriden Arbeitsmodellen bedeutet für uns nicht unbedingt einen Verzicht auf Flächen“, heißt es auch von Merck.
Unternehmen prüfen nicht nur ihren Bedarf an Büroflächen, sondern gestalten diese auch um: Flure voller Einzelbüros gehören der Vergangenheit an. Beschleunigt durch die Erfahrungen der Pandemie testen Firmen neue Konzepte wie Coworking-Bereiche oder Cafés zum Austauschen und kreativen Arbeiten.

Ungebrochen ist der Trend zum Mobilen Arbeiten. Besonders leer ist es bei der Allianz: Im vierten Quartal lag die Auslastung bei 35 Prozent.

Bei Munich RE und Vonovia beispielsweise blieb zuletzt jeder zweite Platz frei. 60 Prozent Auslastung melden Beiersdorf und MTU. Wie oft ihre Beschäftigten mobil arbeiten, regeln die Firmen indes unterschiedlich. Mit zwei Tagen Heimarbeit pro Woche sind Adidas, Beiersdorf, Henkel oder Quiagen zurückhaltender. Die meisten Unternehmen ermöglichen zwei bis drei Tage Homeoffice. Champions mit bis zu vier Tage pro Woche sind VW oder Covestro. Bei Mercedes und der Schwarz Grupp (Lidl, Kaufland) dürfen Beschäftigte sogar komplett mobil arbeiten. Viele Unternehmen wie Bayer machen keine Vorgaben, hier entscheiden die Teams, Abteilungen oder die Beschäftigten in Rücksprache mit ihrer Führungskraft.
Hier die ganze Studie des Handelsblatts

https://nachrichten.handelsblatt.com/b4b9e9d1c3e035d52e3f2d7eb51e41c711e8119c94b2607ae7c0274afd29d0e456006b67691186c4c0323b738c8b91eb028976308?utm_source=web-frontend&xing_share=news

Und abends noch an den Schreibtisch, um Erwerbstätigkeit und Familienleben besser unter einen Hut zu bringen? Das ist für die überwältigende Mehrheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer keine Option, zeigt eine neue Studie der Hans-Böckler-Stiftung. Wenn Beschäftigte die Wahl hätten, bis wann sie täglich arbeiten, würden sich nur gut drei Prozent für einen Feierabend nach 18 Uhr entscheiden. Mehr a.E. des Newsletters.

Der KRACHER: Lohngleichheit erstreitbar???

BAG 8 AZR 450/21

Wir machen es hier wie bei der Entscheidung zur Arbeitszeit: Warten wir mal die Urteilsgründe ab…

Aber hier die Mitteilung des BAG´s: Die Klägerin ist seit März 2017 bei der Beklagten als Außendienstmitarbeiterin im Vertrieb beschäftigt. Ihr einzelvertraglich vereinbartes Grundentgelt betrug anfangs 3.500,00 Euro brutto. Neben der Klägerin waren als Außendienstmitarbeiter im Vertrieb der Beklagten zwei männliche Arbeitnehmer beschäftigt, einer davon seit Januar 2017. Die Beklagte hatte auch diesem Arbeitnehmer ein Grundentgelt iHv. 3.500,00 Euro brutto angeboten, was dieser jedoch ablehnte – so der Vortrag der Beklagten…. Er verlangte für die Zeit bis zum Einsetzen einer zusätzlichen leistungsabhängigen Vergütung, d.h. für die Zeit bis zum 31. Oktober 2018 ein höheres Grundentgelt iHv. 4.500,00 Euro brutto. Die Beklagte gab dieser Forderung nach. Nachdem die Beklagte dem Arbeitnehmer in der Zeit von November 2017 bis Juni 2018 – wie auch der Klägerin – ein Grundentgelt iHv. 3.500,00 Euro gezahlt hatte, vereinbarte sie mit dem Herrn Kollegen ab dem 1. Juli 2018 eine Erhöhung des Grundentgelts auf 4.000 Euro brutto. Zur Begründung berief sie sich u.a. darauf, dass der Arbeitnehmer einer ausgeschiedenen, besser vergüteten Vertriebsmitarbeiterin nachgefolgt sei. Ab dem 1. August 2018 zahlte die Beklagte dem männlichen Arbeitnehmer ein tarifvertragliches Grundentgelt nach derselben Entgeltgruppe wie der Klägerin, das sich in Anwendung der „Deckelungsregelung“ des § 18 Abs. 4 des Haustarifvertrags auf 4.120,00 Euro brutto belief.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten die Zahlung rückständiger Vergütung für die Zeit von März bis Oktober 2017 iHv. monatlich 1.000 Euro brutto, rückständige Vergütung für den Monat Juli 2017 iHv. 500,00 Euro brutto sowie rückständige Vergütung für die Zeit von August 2018 bis Juli 2019 iHv. monatlich 500,00 Euro brutto. Sie hat die Auffassung vertreten, die Beklagte müsse ihr ein ebenso hohes Grundentgelt zahlen wie ihrem fast zeitgleich eingestellten männlichen Kollegen. Dies folge daraus, dass sie die gleiche Arbeit wie ihr männlicher Kollege verrichte. Da die Beklagte sie beim Entgelt aufgrund des Geschlechts benachteiligt habe, schulde sie ihr zudem die Zahlung einer angemessenen Entschädigung iHv. mindestens 6.000 Euro. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Die Revision der Klägerin hatte ganz überwiegend Erfolg. Die Beklagte hat die Klägerin in der Zeit von März bis Oktober 2017 sowie im Juli 2018 dadurch aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt, dass sie ihr, obgleich die Klägerin und der männliche Kollege gleiche Arbeit verrichteten, ein niedrigeres Grundentgelt gezahlt hat als dem männlichen Kollegen. Die Klägerin hat deshalb einen Anspruch nach Art. 157 AEUV, § 3 Abs. 1 und § 7 EntgTranspG auf das gleiche Grundentgelt wie ihr männlicher Kollege. Der Umstand, dass die Klägerin für die gleiche Arbeit ein niedrigeres Grundentgelt erhalten hat als ihr männlicher Kollege, begründet die Vermutung nach § 22 AGG, dass die Benachteiligung aufgrund des Geschlechts erfolgt ist. Der Beklagten ist es nicht gelungen, diese Vermutung zu widerlegen.

Insbesondere kann sich die Beklagte für den Zeitraum von März bis Oktober 2017 nicht mit Erfolg darauf berufen, das höhere Grundentgelt des männlichen Kollegen beruhe nicht auf dem Geschlecht, sondern auf dem Umstand, dass dieser ein höheres Entgelt ausgehandelt habe. Für den Monat Juli 2018 kann die Beklagte die Vermutung der Entgeltbenachteiligung aufgrund des Geschlechts insbesondere nicht mit der Begründung widerlegen, der Arbeitnehmer sei einer besser vergüteten ausgeschiedenen Arbeitnehmerin nachgefolgt.

Das könnte eine Lawine lostreten. Denn die volle Beweislast des Arbeitgebers, dass die höhere Summe nichts mit dem Geschlecht zu tun hat…. das wird happig. Wir bauen dazu noch einen Extra-Newsletter.

Es war doch nur Wurst

Landesarbeitsgericht Hessen | Urteil vom 4.11.2022 | Aktenzeichen 10 Sa 778/22

Im vorliegenden Fall streiten sich Arbeitnehmer und Arbeitgeberin über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung. Im September 2021 veranstaltete die Arbeitgeberin eine Examensfeier, zu welcher sie Grillgut im Wert von 200 € kaufte. Nach der Feier blieben zwei eingeschweißte Packungen Grillgut im Wert von jeweils ca. 20 € im Kühlschrank der Arbeitgeberin übrig. Drei Tage später nahm der Arbeitnehmer das Fleisch nach Rücksprache mit Kollegen zur Eigenverwertung mit nach Haus, wo er es einfror. Nachdem die Arbeitgeberin von dem Vorfall erfuhr, brachte der Arbeitnehmer das Fleisch umgehend zurück. Infolgedessen wurde der Arbeitnehmer zunächst bis Ende des Monats von der Arbeit freigestellt. Mit Schreiben vom 30. September 2021 kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer fristlos, hilfsweise ordentlich bis zum 31. Oktober 2021. Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main stellte in erster Instanz fest, dass das Arbeitsverhältnis nicht vor dem 31. Oktober beendet worden ist. Ein außerordentlicher Kündigungsgrund läge nicht vor. Die Arbeitgeberin legte Berufung ein. Sie ist der Ansicht, dass eine Abmahnung im vorliegenden Fall entbehrlich gewesen sei. Die Berufung der Arbeitgeberin hatte keinen Erfolg. Das LAG Hessen folgte im Ergebnis und der Begründung den Ausführungen der Vorinstanz. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, die die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar machen. Hierbei werden alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt und die gegenseitigen Interessen abgewogen. Eigentums-und Vermögensdelikte von Arbeitnehmern zulasten des Arbeitgebers stellen in der Regel einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung dar. Hierdurch verletzt der Arbeitnehmer die Pflicht der Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers, was einen schweren Vertrauensmissbrauch darstellt. Dabei kommt es auf den Wert der entwendeten Sache nicht an. Bei der Interessenabwägung ist aber zu berücksichtigen, ob ein milderes Mittel, wie insbesondere eine Abmahnung oder eine fristgerechte Kündigung, zumutbar wären. Bei einer verhaltensbedingten Kündigung wird eine Abmahnung regelmäßig vorausgesetzt. Hiervon gibt es zwei Ausnahmen: Entweder es liegen Umstände vor, die eine Verhaltensänderung nach einer Abmahnung nicht zu erwarten lassen oder es liegt eine derart schwere Pflichtverletzung vor, dass selbst für den Arbeitnehmer erkennbar ist, dass eine Hinnahme durch den Arbeitgeber unzumutbar wäre. Beides war jedoch im vorliegenden Fall nicht gegeben. Nachdem der Arbeitnehmer auf den Verbleib des Grillguts angesprochen wurde, räumte er sein Verhalten umgehend ein und brachte das Grillgut zurück. Zudem handelte es sich hier um einen einmaligen Verstoß. Demnach spricht alles dafür, dass der Arbeitnehmer das abgemahnte Verhalten unterlassen würde. Außerdem wurde durch den einmaligen Verstoß das Vertrauensverhältnis nicht derart zerstört, dass die Hinnahme durch den Arbeitgeber unzumutbar wurde. Für den Arbeitnehmer spricht, dass er nicht heimlich vorgegangen ist, sondern sich vorher mit seinen Kollegen abgesprochen hatte. Im Betrieb war es üblich, zubereitete Speisen, die nicht lange haltbar waren, mit nach Hause zu nehmen. Dem Gericht erschien es plausibel, dass der Kläger glaubte, keine Pflichtverletzung im Arbeitsverhältnis zu begehen. Die Kündigung war daher unwirksam.

Kündigung wegen Vorwurf antisemitischer Äußerungen oder: Du hast mal irgendwann was Doves gesagt….

Arbeitsgericht Berlin | 22 Ca 1647/22

Das Arbeitsgericht Berlin hat die fristlose, hilfsweise fristgemäße Kündigung einer Redakteurin des Senders Deutsche Welle für unwirksam erklärt. Der Sender stützte seine Kündigungen auf israelfeindliche und antisemitische Äußerungen der Redakteurin in anderen Medien. Dies widerspreche den Grundsätzen der Deutschen Welle, so der Sender. Die hiergegen erhobene Kündigungsschutzklage der Arbeitnehmerin war vor dem Arbeitsgericht Berlin erfolgreich. Zwar hat das Arbeitsgericht Berlin durchaus die Auffassung vertreten, dass antisemitische Äußerungen einen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellen können, und zwar auch dann, wenn es sich nicht um Äußerungen im Rahmen der Arbeit für den Sender handele. Problematisch im vorliegenden Fall war jedoch, dass die Arbeitnehmerin ihre Äußerungen zu einer Zeit vor Bestehen eines Vertragsverhältnisses mit der Deutschen Welle äußerte. Voraussetzung für eine verhaltensbedingte Kündigung ist eine Vertragsverletzung. Eine Vertragsverletzung kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn die Arbeitnehmerin ihre Äußerungen während des Arbeitsverhältnisses getätigt hätte. Dies war vorliegend jedoch nicht der Fall. Auch bei Äußerungen während einer vorherigen Beschäftigung auf Honorarbasis können nicht ohne weiteres ein Durchschlagen als Pflichtverletzung auf ein späteres Arbeitsverhältnis angenommen werden. Zudem müsse jeweils eine Bewertung der Umstände des Einzelfalls unter Beachtung des Zusammenhangs von Äußerungen erfolgen. Tatsache ist auch, dass die Redakteurin sich in einer für die Öffentlichkeit bestimmten Erklärung von früheren Äußerungen distanziert hat und keine Abmahnung vorliegt. Vor diesem Hintergrund ist die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der beiderseitigen Interessen zumutbar, so die Berliner Richter.

Unvollständige Information des Arbeitgebers bei einem Betriebsübergang

Landesarbeitsgericht Düsseldorf | 8 Sa 68/20

Die Monatsfrist des §613a Abs. 6 Satz 1 BGB zum Widerspruch gegen den Übergang eines Arbeitsverhältnisses infolge Betriebsübergangs beginnt nicht nur bei fehlerhafter Information des Arbeitnehmers nicht zu laufen, sondern auch bei unvollständiger Information. Insbesondere wenn es um die rechtlich schwierig zu beurteilende Weitergeltung eines Tarifvertrages beim Erwerber geht, ist dieser Umstand für die Ausübung des Widerspruchsrechts ersichtlich von Bedeutung. In einem solchen Fall müssen der Betriebsveräußerer und/oder der Betriebserwerber sich hierzu ausdrücklich und in einer für Nichtjuristen verständlichen Weise erklären. Aus diesem Grund konnte im vorliegenden Fall das Unterrichtungsschreiben des Arbeitgebers die oben genannte Widerspruchsfrist nicht in Gang setzen. Die dort enthaltenen Informationen waren teilweise unklar und unvollständig. Ihnen ließ sich nicht entnehmen, ob ein bestimmter Tarifvertrag im Fall des Übergangs des Arbeitsverhältnisses gelten sollte oder nicht. Dieser Umstand ist so bedeutend, dass er als relevantes Kriterium für einen möglichen Widerspruch des Klägers gegen einen Übergang seines Arbeitsverhältnisses in Betracht kam.

Die letzten Corona-Themen: Wenn du dich nicht testen lässt, bekommst du auch kein Geld

Landesarbeitsgericht Mecklenburg | Vorpommern | 3 Sa 46/22

Im vorliegenden Fall stritten sich die Parteien um Verzugslohnansprüche für die Zeit von September 2021 bis Dezember 2021. Hintergrund der rechtlichen Auseinandersetzung war die Weigerung des Klägers, sich täglich auf das Coronavirus testen zu lassen. Der Kläger war bei der Beklagten im Außendienst in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern mit dem Inhalt der Kundenbetreuung inklusive der Lieferung und Anpassung von Hilfsmitteln tätig. Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 27.8.2021 den Kläger auf die zu diesem Zeitpunkt bereits geltende 3G-Regel für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen hingewiesen hatte, teilte dieser mit Schreiben vom 6.9.2021 mit, dass er sich nicht testen lassen wolle. Daraufhin stellte die Beklagte den Kläger aufgrund seiner Weigerung sich testen zu lassen bis auf weiteres von der Arbeit frei und teilte ihm mit Schreiben vom 9.9.2021 mit, dass er sich jederzeit kostenlos testen lassen und nach entsprechendem Nachweis sofort wieder zur Arbeit kommen könne. Ferner übersandte die Beklagte mit Schreiben vom 16.9.2021 an den Kläger eine Arbeitsanweisung in der sie ihm mitteilte, dass ab Montag, den 20.9.2021 alle ungeimpften Mitarbeiter mit Dienstbeginn verpflichtet seien, einen Antigen-Selbsttest durchzuführen. Der Kläger weigerte sich jedoch weiterhin, sich gegen das Corona Virus testen zu lassen. Der Kläger machte nunmehr Verzugslohn vor dem Arbeitsgericht geltend. Diese Ansprüche wies das Arbeitsgericht in der ersten Instanz zurück. Und auch vor dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern blieb der Kläger erfolglos. Die Beklagte, hier also die Arbeitgeberin, sei nach den Vorgaben des § 297 BGB nicht in Verzug geraten. Denn danach komme der Gläubiger hier also der Arbeitgeber dann nicht in Verzug, wenn der Schuldner hier der Arbeitnehmer zur Zeit des Angebots außerstande ist, die vertraglich vereinbarte Leistung zu bewirken. Der Kläger sei aufgrund der selbstverantwortlich getroffenen Entscheidung sich nicht testen zu lassen, ab dem 6.9.2021 nicht in der Lage gewesen, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu bewirken. Die fehlende Voraussetzung einer voll umfänglichen Leistungsbewegung beruhe allein schon auf der Verweigerung des Klägers, einen Coronatest durchzuführen. Im Zeitpunkt der diesbezüglichen Entscheidung und Erklärung durch den Kläger gegenüber der Beklagten habe bereits für Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser die sogenannte 3G-Regel bestanden. Dies war dem Kläger auch bekannt. Somit lag ab dem 6.9.2021 kein ordnungsgemäßes und ausreichendes Leistungsangebot des Klägers gegenüber der Beklagten vor.

Da ist wohl ein Teil der Jahrestantieme weg

LAG Köln | 6 Sa 112/22

Was passiert eigentlich mit der vereinbarten Zahlung einer zugesagten Jahrestantieme, wenn der Arbeitnehmer im laufenden Jahr aus dem Unternehmen ausscheidet?

Das LAG Köln kam zu dem Ergebnis, dass eine für das gesamte Jahr vereinbarte und erfolgsabhängige Sonderzahlung nicht in vollem Umfang zu zahlen, zwar lediglich anteilig, aber immerhin zu gewähren ist. Juristendeutsch: Pro rata temporis. Was aber, wenn trotz unterjährigem Ausscheiden bereits alle Ziele erreicht wurden?

Auch dann nur anteilig, sagt das LAG Köln!! Zur Begründung führte es aus, dass Vergütungsansprüche aus einem Arbeitsverhältnis gemäß § 611a Abs. 2 BGB ein bestehendes Arbeitsverhältnis voraussetzen. Aus dem Austauschcharakter des Arbeitsverhältnisses folgt, dass der Anspruch auf die Vergütung entfällt, wenn der Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitsleistung nicht erbringt. Nach einem einmal beendeten Arbeitsverhältnis können keine Vergütungsansprüche mehr entstehen, denn der Bestand des Arbeitsverhältnisses ist Voraussetzung für solche Ansprüche. Im vorliegenden Fall wurde die vereinbarte Jahrestantieme somit um fünf zwölftel gekürzt, nachdem der Angestellte während fünf Monaten im Bezugsjahr 2021 keine Arbeitsleistung erbracht hatte bzw. in diesem Fünfmonatszeitraum kein Arbeitsverhältnis mehr bestand. Hä, aber er hat doch performt…. Versteh´ ch nicht – unfaires Ergebnis. Der Mitarbeiter wird bestraft, obgleich er geleistet hat.

Da wirst du uns schon anhören müssen

LAG Hessen | 16 Ta BV 191/21

Das LAG Hessen musste sich mit der Frage befassen, ob Kündigungen ohne vorherige Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 BetrVG eine grobe Pflichtverletzung des Arbeitgebers nach § 23 Abs. 3 BetrVG darstellen können.

Ende Februar 2019 wurde vom Arbeitgeber eine Kündigung ausgesprochen, ohne dass der Betriebsrat vorher angehört wurde. Der Verstoß der fehlenden vorherigen Anhörung und verschiedene weitere Verstöße wurden vom Betriebsrat mit Schreiben vom 16.4.2019 beanstandet. Der Arbeitgeber teilte dem Betriebsrat den Grund für die unterbliebene Anhörung mit und dass die Kündigung in Abstimmung mit dem Rechtsbeistand des betroffenen Arbeitnehmers und auf dessen Wunsch ausgesprochen wurde. Ende September 2020 erklärte der Arbeitgeber sechs weitere krankheitsbedingte Kündigungen, ohne dass er den Betriebsrat anhörte. Der Arbeitgeber entschuldigte die unterbliebene Anhörung mit einem Versehen des zuständigen Sachbearbeiters der Personalabteilung. Er versicherte dem Betriebsrat, dass dieser künftig zu jeder Kündigung angehört werde. Daraufhin beantragte der Betriebsrat beim Arbeitsgericht einen Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers, Kündigungen auszusprechen, ohne zuvor dem Betriebsrat nach § 102 Betriebsverfassungsgesetz zu beteiligen. In der ersten Instanz vor dem Arbeitsgericht wurde dieser Antrag zurückgewiesen. Auf die Beschwerde des Betriebsrats hin wurde der Beschluss durch das LAG abgeändert und dem Antrag wurde stattgegeben. Aus Sicht des LAG´s lag hier ein grober Verstoß des Arbeitgebers gegen seine Verpflichtungen aus dem Betriebsverfassungsgesetz vor. Schon Ende Februar 2019 bei der Kündigung des Arbeitnehmers ohne vorherige Anhörung des Betriebsrats habe eine schwere Pflichtverletzung des Arbeitgebers vorgelegen. Dabei sei es unerheblich, dass der Rechtsbeistand im Rahmen von Aufhebungsverhandlungen darum gebeten hatte, eine Kündigung auszusprechen. Eine Anhörung des Betriebsrats hätte dennoch durchgeführt werden müssen. Die festgestellte grobe Pflichtverletzung indizierte die Wiederholungsgefahr, da es jederzeit wieder vorkommen könne, dass der Betriebsrat nicht vor der Aussprache der Kündigung angehört wird.

Schadensersatz wegen Verletzung der Auskunftspflicht

BAG | 2 AZR 363/21

Die Klägerin war bei der Beklagten als Hauswirtschafterin mit einer Arbeitszeit von 45 Stunden angestellt. Gegenüber der Beklagten also der Arbeitgeberin machte sie ihren Auskunftsanspruch nach Art. 15 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) im Hinblick auf sämtliche bei der Beklagten gespeicherten Daten insbesondere die Daten der Arbeitszeiterfassung geltend. Nachdem die gesetzte Frist zur Auskunft erfolglos abgelaufen war, erhob die Hauswirtschafterin Klage auf Ersatz des immateriellen Schadens nach Art. 15, 82 DSGVO über mindestens 6000 €. Sechs Monate später übersandte die Beklagte zumindest die Arbeitsaufzeichnungen. Während das Arbeitsgericht Herne die Klage abwies, gab das LAG Hamm dem Anspruch in Höhe von 1000 € nebst Zinsen statt. Die Revision der Klägerin, welche sich mit diesem Betrag nicht zufriedengeben wollte, wurde durch das BAG zurückgewiesen. Das BAG kam zu dem Ergebnis, dass ein Anspruch auf Zahlung eines immateriellen Schadensersatzes wegen eines Verstoßes gegen Art. 15 Abs. 1 DSGVO bestehe. Dieser würde aber einen Betrag von 1000 € nicht überschreiten. Dabei ist die Höhe des Schadens einzelfallabhängig. Nach dem Bundesarbeitsgericht wäre so rechtsfehlerfrei gewesen, dass das LAG Hamm die persönliche Betroffenheit der Klägerin als relativ gering eingestuft hat. Zumindest die Arbeitsaufzeichnungen, um die es der Klägerin primär gegangen sei, seien später durch die Klägerin übersandt worden. Die Höhe des Anspruchs hätte eine hinreichende abschreckende Wirkung, da sie fühlbar sei und nicht nur symbolischen Charakter habe.

Nicht alles ist AGG

Entschädigung wegen Kündigung in Schwangerschaft | LAG 5 Sa 6/22

Die Klägerin war beim Beklagten seit 2018 als Rechtsanwältin beschäftigt und betreute die Außenstelle einer Kanzlei. Nachdem sie Ende 2020 schwanger und im März 2021 arbeitsunfähig wurde, übernahm ein Kollege die sich bereits in Auflösung befindende Außenstelle. Dabei stellte er fest, dass die Klägerin zuvor zahlreiche Dokumente aus elektronischen Akten gelöscht hatte, die jeweils ihren Ehemann und ihre Schwiegermutter betrafen. Der Beklagte schloss daraus, dass die Klägerin Privatakten über die Kanzlei bearbeitetet und anschließend gelöscht habe, um diese nicht abrechnen zu müssen. Er kündigte daher das Arbeitsverhältnis fristlos, ohne eine behördliche Zustimmung zur Kündigung der schwangeren Mitarbeiterin einzuholen, die sich bereits im Mutterschutz befand. Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis später selbst wirksam, verlangte jedoch vom Beklagten eine Entschädigung in Höhe von drei Monatsgehältern. Sie war der Auffassung, dass sie wegen ihres Geschlechts diskriminiert wurde, da der Arbeitgeber sie in unmittelbaren Zusammenhang mit dem Mutterschutz gekündigt habe. Der Beklagte gab dagegen an, dass er bei Vorliegen derartiger Pflichtverletzungen jedem Mitarbeiter gekündigt hätte. Das LAG verneinte einen Entschädigungsanspruch der Klägerin. Die Kündigung der Klägerin habe ihre Ursache nicht in der Schwangerschaft und sei daher keine diskriminierende Maßnahme. Die Missachtung der besonderen Schutzvorschrift des Mutterschutzes bei Erklärung einer Kündigung indizieren zwar eine Benachteiligung der Frau wegen ihrer Schwangerschaft und damit wegen ihres Geschlechts. Der Beklagte habe diese Vermutung jedoch widerlegen können, da er hinreichend dargelegt habe, dass die Kündigung ausschließlich aus anderen Gründen beruhe. Gegen eine Diskriminierung spreche es, wenn jeder andere unabhängig vom Geschlecht oder einer Schwangerschaft ebenso behandelt worden wäre, so die Richter am LAG.

Impfung macht frei

Arbeitsgericht Berlin | Az 22 Ca 223/22

Das Arbeitsgericht Berlin hat die fristlose Kündigung eines Lehrers des Landes Berlin als wirksam erachtet, der auf YouTube ein Video veröffentlicht hat, dass eine Darstellung des Tores eines Konzentrationslagers mit der Inschrift „Impfung macht frei“ enthielt. Der Lehrer hat ein YouTube Video unter dem Titel „sie machen Tempo und ich denke…“ veröffentlicht. Am Anfang des Videos wird für etwa 3 Sekunden ein Bild eingeblendet, auf dem das Tor eines Konzentrationslagers abgebildet ist. Der Originalschriftzug des Tores „Arbeit macht frei“ wurde durch den Text „Impfung macht frei“ ersetzt. Es folgte dann eine ebenfalls etwa 3 Sekunden lange Einblendung eines tweets des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder der eine Ausweitung der Impfung angekündigt und in dem er die Aussage „Impfen ist der Weg zur Freiheit“ trifft.

Das Land Berlin hat den Lehrer unter anderem wegen der Veröffentlichung dieses Videos fristlos gekündigt. Der Lehrer setze in dem Video das staatliche Werben um eine Impfbereitschaft in der Pandemie mit der Unrechtsherrschaft und dem System der Konzentrationslager gleich. Damit verharmlose er die Unrechtstaten der Nationalsozialisten und missachtet die Opfer. Das Arbeitsgericht Berlin hat die Klage des Lehrers abgewiesen. Eine Auslegung des Inhalts des Videos ergebe nicht nur eine Kritik an der Äußerung des bayerischen Ministerpräsidenten, sondern auch an der allgemeinen, auch vom Land Berlin und der Schulsenatorin getragenen Impfpolitik. Dabei überschreite der Lehrer durch den Vergleich des Bildes mit dem Text „Impfung macht frei“ mit der Impfpolitik das Maß der zulässigen Kritik. Eine Weiterbeschäftigung des Lehrers sei aus diesem Grund unzumutbar.

Vor 18.00 heim

„Beruf und Privatleben unter einen Hut zu bringen, fällt leichter, wenn Beschäftigte sich bei Bedarf auch abends an den Schreibtisch setzen können“? – etwa, wenn die Kinder schlafen? „Nein“, ergibt die Untersuchung von WSI-Forscherin Dr. Yvonne Lott. Sie hat Daten von über 2300 sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten analysiert, die an der Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung teilgenommen haben. Das Ergebnis: Knapp 97 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer möchten spätestens um 18 Uhr mit der Erwerbsarbeit abschließen. Nur ein Bruchteil würde gern von diesem Zeitrahmen abweichen. Das gilt für Eltern genauso wie für andere Beschäftigte. Die aktuellen Befragungsergebnisse stehen im Einklang mit dem Stand der Forschung, die in zahlreichen Befragungen festgestellt haben, dass Arbeit am Abend die Work-Life-Balance beeinträchtigen kann. Sie sei nicht vereinbar mit dem Rhythmus des sozialen Lebens. Schließlich sei die moderne Erwerbsgesellschaft als „Abend- und Wochenendgesellschaft“ strukturiert, „in der die Zeit am Abend und am Wochenende als sozial besonders wertvoll eingeschätzt wird“. Arbeit am Abend begünstige Stress, Schlafprobleme und emotionale Erschöpfung bei betroffenen Beschäftigten, so die Forschungslage. Wenn die Grenzen zwischen Beruflichem und Privatem verschwimmen, könne es zu Konflikten kommen, die unter anderem das Wohlbefinden von Kindern gefährden. Auch Partnerinnen und Partner litten dann vermehrt unter Stress und Depressionen und seien weniger zufrieden mit dem Zusammenleben. Negativ könne sich nicht nur stundenlange Arbeit am Abend auswirken, sondern bereits gelegentliche Mails oder die Erreichbarkeit für Anrufe. Der größte Teil der Beschäftigten möchte je nach Arbeitsbeginn zwischen 14 und 17 Uhr Feierabend machen. Frauen wollen im Schnitt rund eine Stunde früher aufhören als Männer, ansonsten finden sich ähnliche Muster, auch bei Eltern und Kinderlosen. Den Wunsch, bis nach 18 Uhr zu arbeiten, äußern lediglich 3,4 Prozent aller Befragten.

Good Night & Good Luck
Ihr, euer Dr. Stephan Grundmann
und Team Arbeitsrecht