Landesarbeitsgericht Niedersachsen | Beschluss vom 13.10.2022 | Aktenzeichen 3 TaBV 24/22
Im vorliegenden Fall streiten sich Arbeitgeber und Betriebsrat darüber, ob bei der Weisung, die private Nutzung von Smartphones während der Arbeitszeit zu unterlassen ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht. Die Arbeitgeberin betreibt einen Betrieb im Bereich der Automobilzulieferungsindustrie. Der weitaus überwiegende Teil der ca. 200 Beschäftigten ist in der Produktion tätig.
Am 18.11.2021 erfolgte folgender Aushang zum Thema „Regeln zur Nutzung privater Handys während der Arbeitszeit“ durch die Werksleitung:
„Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit weisen wir darauf hin, dass jede Nutzung von Mobiltelefonen/Smartphones zu privaten Zwecken während der Arbeitszeit nicht gestattet ist. Sofern gegen dieses Verbot verstoßen wird, ist mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen – bis hin zur fristlosen Kündigung – zu rechnen.“
Während der Arbeit in der Produktion kann es beispielsweise durch einen Maschinenumbau zu Wartezeiten kommen. Gleiches gilt für den Versand, wenn auf einen neuen Arbeitsvorgang gewartet wird. Die Betroffenen werden in diesen Leerlaufzeiten teilweise anderweitig eingesetzt oder übernehmen selbstständig neben Tätigkeiten wie das Aufräumen des Arbeitsplatzes. Nachdem der Betriebsrat die Arbeitgeberin unter Hinweis auf Mitbestimmungsrechte aufgefordert hatte, die Maßnahme zurückzunehmen und die Arbeitgeberin dies zurückwies, möchte der Betriebsrat die Unterlassung gerichtlich geltend machen.
In erster Instanz wies das Arbeitsgericht die Anträge des Betriebsrats zurück. Das Verbot der Smartphonenutzung während der Arbeitszeit betreffe das mitbestimmungsfreie Arbeitsverhalten. Dieser Ansicht folgte auch das Landesarbeitsgericht Niedersachsen.
Bei Regelungen und Weisungen des Arbeitgebers sei zu unterscheiden zwischen solchen, die die Ordnung des Betriebs und das Verhalten der Arbeitnehmer betreffen und solchen, die das Arbeitsverhalten betreffen. Nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz hat der Betriebsrat in Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb ein Mitbestimmungsrecht. Durch das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats soll eine Beteiligung der Arbeitnehmer hieran sichergestellt werden. Nicht mitbestimmungspflichtig sind dagegen Regelungen und Weisungen, die das Arbeitsverhalten betreffen und dadurch lediglich die Arbeitspflicht konkretisieren. Wirke sich eine Regelung auf beide Bereiche aus, komme es darauf an, welcher Regelungszweck überwiege. Entscheidend hierbei ist der objektive Regelungszweck, der sich nach dem Inhalt der Maßnahme und der Art des zu beeinflussenden betrieblichen Geschehens bestimmt.
Vorliegend geht es in der Regelung um ein Verhalten, dass die Arbeitnehmer während ihrer Tätigkeit unterlassen sollen, da dies der tatsächlichen Arbeitsleistung entgegenstehen würde. Demnach scheidet die Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz aus. Schwerpunkt der Maßnahme liegt nicht in Fragen der Ordnung des Betriebes und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Die Tatsache, dass von der Regelung auch Leerlauf -und Wartezeiten erfasst werden, ändert hieran nichts. Da Leerlauf -und Wartezeiten einen geringen Teil der Arbeitszeit ausmachen, ist in zeitlicher Hinsicht überwiegend das Arbeitsverhalten von der Regelung betroffen. Außerdem gibt es Nebenleistungen, die in Zeiten, in denen die eigentliche Arbeitsleistung nicht erbracht werden kann, selbstständig ausgeführt werden können. Demnach sind die Zeiten, in denen keinerlei Arbeitsleistung erwartet werden kann, so gering, dass sie nichts an dieser Bewertung ändern.