Auflösungsantrag und besonderer Kündigungsschutz – Bundesarbeitsgericht
Bevor wir uns mit diesem Fall beschäftigen, sollten wir erst einmal die Frage klären, was überhaupt ein Auflösungsantrag ist. Dieser ist in § 9 Kündigungsschutzgesetz geregelt und einer der wenigen Anwendungsfälle, bei denen das Gericht kraft Urteils eine Abfindung aussprechen kann. Ein Auflösungsantrag kann sowohl vom Arbeitgeber als auch vom Arbeitnehmer gestellt werden. Voraussetzung ist, dass das Gericht die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers für berechtigt erachtet, aber zu dem Ergebnis kommt, dass ein gedeihliches Miteinander der Parteien also hier Arbeitnehmer und Arbeitgeber nicht mehr möglich ist. In einem solchen Fall kann das Gericht auf Antrag einer der Parteien das Arbeitsverhältnis kraft Urteils auflösen und spricht dann eine Abfindung aus. Das Bundesarbeitsgericht musste sich im vorliegenden Fall mit der Frage befassen, ob ein Auflösungsantrag seitens des Arbeitgebers auch dann gestellt werden kann, wenn der Arbeitnehmer einen besonderen Kündigungsschutz hat. Dies ist zum Beispiel bei Mitgliedern des Betriebsrats, der Jugendauszubildendenvertretung, des Wahlvorstandes oder von Wahlbewerbern der Fall. In einem solchen Fall ist eine Kündigung nur aus einem wichtigen Grund und mit Zustimmung des Betriebsrats möglich. Das Bundesarbeitsgericht hat in diesem Urteil klargestellt, dass dieses Zustimmungserfordernis weder unmittelbar noch analog anzuwenden ist auf arbeitgeberseitige Auflösungsanträge im Kündigungsschutzprozess nach § 9 Abs. 1 Satz 2 Kündigungsschutzgesetz. Dies gilt auch dann, wenn der Sonderkündigungsschutz erst nach Ausspruch der Kündigung entstand. Nach einer älteren Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts mussten die Gründe für die Auflösung einem wichtigen Grund im Sinne von § 626 BGB entsprechen. An dieser Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht im vorliegenden Fall nicht mehr festgehalten. Damit steht fest, dass der Auflösungsantrag unabhängig vom besonderen Kündigungsschutz gestellt werden kann.